Nach einem Abend mit Jazzmusik und einem mit dem Philharmonischen Orchester Luxemburg unter seinem Chef Gustavo Gimeno hat die Philharmonie nun auch die Rückkehr zur Kammermusik vollzogen. Auch in diesem Fall wurde der große Saal gewählt, um trotz der Abstandsregeln dem nach Musik hungrigen Publikum genug Plätze bieten zu können. Wiederum gab es ein etwa einstündiges Konzert ohne Pause. Dass diese kurze Form auch ihre gute Seiten hat, kann Uwe Krusch für Pizzicato berichten.
Gekommen waren zwei russische Gäste, die schon durch Siege bei Wettbewerben und auch anderweitig auf sich aufmerksam gemacht haben. Die Geigerin Alena Baeva und der Pianist Vadym Kholodenko, die auch sonst regelmäßig gemeinsam musizieren, hatten zwei große Werke im Programm. Zum einen die mit knapp einer halben Stunde in einem Satz zu spielende Fantasie von Franz Schubert und zum anderen die als Kreutzer-Sonate bekannte neunte Sonate für diese Besetzung von Ludwig van Beethoven.
Da beide Werke jeweils mit einem Protagonisten starten, bevor der Duopartner sich hinzugesellt, konnte man das hervorragend eingespielte Team erst im weiteren Verlauf als solches wahrnehmen. Diese beiden Künstler haben eine wahrlich enge Verbindung in der Musik zueinander geschaffen, die kaum eines Blickes, allenfalls des Pianisten auf die Geigerin, bedarf, um die Interpretation gemeinsam fortschreiben zu können. Baeva zeigte auf ihrer Guarneri del Gesu Ex William Kroll große weitgespannte Ausdruckskunst, die fast immer so locker aus den Händen geschüttelt wurde, dass der Zuhörer nie der Befürchtung erlag, sie könne an ihre technischen oder interpretatorischen Grenzen stoßen. Der Pianist stand ihr darin nicht nach, erlaubte sich aber gerade in Tonketten agogische Momente, die ihn davor bewahrten, seelenlose Kaskaden abzuspulen. Auch seine Spanne reichte von den ganz leisen bis zu den donnernden Tönen. Dabei gelang es den beiden aber immer, die Geige nicht zuzudecken.
Den Einstieg in den Abend mochte man fast als Herantasten in Corona Zeiten hören. Zunächst einmal prüfte die Geigerin die Stimmung ihres Instruments zum Klavier. Dazu schlug Kholodenko den Kammerton so zart an und Baeva nahm ihn genauso flüsternd an, dass es ein Genuss war. Denn oft wird das Stimmen so kraftvoll ausgeübt, dass es selber schon ein Werk des Abends ist. Doch auch beim Einstieg in die Fantasie von Schubert wurde diese einfühlsame Stimmung übernommen und steigerte sich erst in Wellen bis zum Ende, das dann in seiner Ausdrucksstärke und Entschiedenheit schon auf Beethoven zu weisen schien.
Die Sonate des Jubilars erlebte eine wiederum wie auf Schubert ausgerichtete Interpretation, die nicht das Schroffe und Kantige in den Vordergrund stellte, sondern die Schönheit der Musik ins Zentrum rückte. So konnte man beide Werke als Einheit hören und sich an den Fähigkeiten und den geschmackvollen Gestaltungen des Duos erfreuen und am Impetus des musikalischen Augenblicks satthören, ohne in Schwulst baden zu gehen.
Mit der Beschränkung an Werken und Zeit wurde eine besondere Intensivität des Augenblicks erzielt, die einem Eventpublikum vielleicht zu spröde erscheint, aber für die Gemeinde der Kammermusik bietet sie große Augenblicke der Konzentration. Da bleibt hoffentlich mehr als eine Hoffnung auf die Zukunft, dass es wieder große musikalische Augenblicke für viele Interessierte in der kommenden Saison zu erleben geben wird.