Philippe Herreweghe

Seit einer Aufführung der Bachschen Johannes-Passion im Jahr 2018 verbindet Philippe Herreweghe eine enge musikalische Beziehung zur Sächsischen Staatskapelle. Mit einem Haydn-Mozart-Programm war Herreweghe jetzt erneut zu Gast in Dresden. Michael Oehme berichtet.

Mit seinem Collegium Vocale Gent musizierte Philippe Herreweghe 2018 erstmals zusammen mit der Staatskapelle Dresden. Aus dieser Begegnung entwickelte sich in den Folgejahren eine sehr vertrauliche Partnerschaft, wunderbar nacherlebbar zum Beispiel in einem von Deutschlandfunk Kutur aufgezeichneten und von Hänssler Profil veröffentlichten Konzert mit Bach-Kantaten ohne Publikum während der Pandemie.

Das gegenseitige Verständnis zwischen Herreweghe und den Dresdner Musikern, die vielfach auch in entsprechenden Barock- und Klassikensembles tätig sind, scheint ein Besonderes zu sein, so auch in den jüngsten dreimal gegebenen Sinfoniekonzerten in der Semperoper ausschließlich mit Werken von Haydn und Mozart, einem Programm also, das in dieser Konstellation auch in Dresden eher selten geworden ist. Und das, obwohl die Kapelle schon historisch bedingt als eines der besten Mozart-Orchester gilt. Colin Davis hat das zum Beispiel immer wieder betont und mit seinen Aufführungen und Einspielungen auf wunderbare Weise realisiert.

Auftakt im Dresdner Konzert mit Philippe Herreweghe war aber zunächst eine der Pariser Sinfonien von Joseph Haydn, die Nr. 86 in C-Dur. Herreweghe lieferte die geistigen Impulse, durchleuchtete das Werk bis in die feinsten Einzelheiten und betonte die dynamischen Kontraste. Vom Konzertmeister Matthias Wollong ging die wunderbare Präzision des Zusammenspiels seiner Kolleginnen und Kollegen aus. Etwas akademisch mutete die Interpretation an, wäre da nicht der der Pomp der Blechbläser eben dieser Pariser Sinfonie gewesen, der von den Trompeten und Hörnern, angeführt von Helmut Fuchs und Robert Langbein, glanzvoll in Szene gesetzt wurde.

Dann das erst 1961 in Prag wiederentdeckte Cellokonzert in C-Dur von Joseph Haydn. Friedrich Thiele, 1. Solocellist der Kapelle, gerade mal 28 Jahre alt, war hier der Solist, mehrfacher Gewinner internationaler Wettbewerbe, u. a. auch des ARD Wettbwerbs 2019 in München. Thiele spielt auf einem äußerst klangschönen Cello von Francesco Goffriller (ca. 1740) und meisterte den virtuosen Solopart mit überbordender Leichtigkeit und Spielfreude. Zusammen mit Herreweghe und der Staatskapelle enwickelte er ein musikalisches Feuerwerk. Welches Orchester hat schon einen solchen Solocellisten! Und als solcher wechselte Thiele nach der Konzertpause wieder in diese Position und führte in Mozarts Prager Sinfonie wieder seine Cellogruppe an – welch schöne kollegiale Geste! Die Prager, die vielleicht brillanteste unter Mozarts Sinfonien, besticht durch irrisierende Farbigkeit. Nur dreisätzig, also ohne Menuett bzw. Scherzo kommt dem langsamen Mittelsatz besondere Bedeutung zu. Herreweghe nahm dieses mit seinen Molltönungen tiefsinnige Andante weniger gehend bzw. wandernd im Schubert´schen Sinne in Angriff, sondern überraschend leichtfüßig fließend. Glanzvoll und glitzernd leuchtend dann die Kapelle im Finale Presto, einem Fast-Perpetuum mobile mit den herrlichen Tremoli. Großer Jubel beim glücklichen Publikum.

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