Das Label EDA legt polnische Streichquartette zumindest heute unbekannterer Komponisten vor. Diese Ausgabe trägt den Titel Poland Abroad, den man in diesem Fall in zweifacher Richtung verstehen kann. Gemeint ist, dass die drei vorgestellten Werke von solchen Tonsetzern stammen, die in Folge der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland ihre jeweilige Heimat und Position verlassen mussten und im Endeffekt alle in den USA landeten, wo sie in Hollywood als Komponisten von Filmmusik oder anderweitig unterkommen mussten.Man kann den Titel auch im Hinblick auf die Interpreten verstehen. Denn es handelt sich um polnische Musiker, die im Orchester der Deutschen Oper in Berlin spielen. Wobei sie natürlich in diesem Fall ihr ‘Exil’ freiwillig eingegangen sind.
Das Quartett von Ignatz Waghalter aus seiner jüngeren Zeit zeigt deutlich die Verbindung von slawischer Volksmusik und kunstvoll gesetzter Gestaltung. Die beiden anderen Quartette von Rathaus und Strasfogel geben sich da deutlich anders, da in ihnen dodekaphonische Strukturen verwendet werden. Trotz dieses Ansatzes wirkt diese Musik spielfreudig und nicht etwa verkopft.
Das Stück von Strasfogel zeigt zudem eine moderne Abweichung von der Konvention, da es sich auf zwei Sätze beschränkt. Diese Werke, Strasfogel als Ersteinspielung, zeigen einmal mehr, welche exquisiten Komponisten durch das Exil der europäischen Kultur entzogen wurden, was natürlich auch für alle anderen Lebensbereiche gilt.
Das Polnische Streichquartett Berlin hat für solche Werke aufgrund langjähriger Erfahrung eine besondere Expertise entwickelt. Auf der Basis ihrer technischen Möglichkeiten entwickeln sie die musikalische Struktur der Kompositionen ausdrucksvoll. Dabei scheuen sie auch nicht davor zurück, die moderneren Texturen deutlich heraus zu kristallisieren. So tauchen sie tief in die Werke ein und heben die kompositorischen Schätze.