Die International Classical Music Awards zählen zu den bedeutendsten Musikpreisen weltweit. In 26 Kategorien wurden sie in diesem Jahr vergeben und mit einer Gala in Düsseldorf groß gefeiert. Michael Oehme berichtet.
Seine internationale Reputation beziehen die ICMA durch die Tatsache, dass die Jury ausschließlich aus unabhängigen Vertretern von Radioanstalten, Webseiten und Printmedien in Europa besteht. Ungezählte Aufnahmen werden gesichtet und dabei nicht nur die großen Labels berücksichtigt. So ergibt sich ein wirklich richtungsweisender Blick auf die fast unüberschaubare internationale Musikszene. Die Preisvergabe mündet alljährlich in eine große Gala, bei der viele der Laureaten zu erleben sind. Nach Wroclaw 1923 und Valencia 1924 war es in diesem Jahr Düsseldorf mit seiner imposanten 1926 von Wilhelm Kreis als damals größtes Planetarium der Welt erbauten Tonhalle. Die Düsseldorfer Symphoniker und ihr Erster Konzertdirigent Adam Fischer, beide selbst Preisträger des Wettbewerbs, fungierten als Gastgeber und eröffneten den Abend mit einer schmissigen Wiedergabe der Ouvertüre von Mozarts ‘Die Hochzeit des Figaro’.
Souverän auch Vitali Alekseenok, der neue Chefdirigent der Düsseldorfer und damit auch GMD der der Deutschen Oper am Rhein, der zu den insgesamt sechs Dirigenten zählten, die die orchestralen Beiträge dieser ICMA Gala leisteten.
Am erstaunlichsten dabei gelang (mit den Düsseldorfern) die Ouvertüre zu Händels Feuerwerksmusik, die der Argentinier Leonardo Garcia Alarcón (Capella Mediterranea) vom Cembalo aus leitete. Alarcon wurde als Artist of the Year geehrt.
In der Kategorie Barockmusik erhielt für seine Einspielung von italienischen Marien-Kompositionen mit der Accademia Bizantina Andreas Scholl den entsprechenden Preis – unverändert stimmlich stabil und emotional anrührend.
Für sein Lebenswerk geehrt wurde Gidon Kremer, das zu umreißen sicher nicht notwendig ist. Mit Valentin Silvestrov und Viktor Kosenko hatte er Stücke zweier ukrainischer Komponisten ausgewählt, die in ihrer gewollten Einfachheit zu Herzen gingen.
Eine Gala, in der möglichst viele Preisträger zu Gehör kommen sollen, birgt auch den Vorteil, dass Piècen aufgeführt werden, die es sonst kaum in die Konzertsäle finden würden, so die Ungarische Rhapsodie für Violoncello und Orchester von David Popper. Der junge aus Rom stammende Cellist Ettore Pagano spielte sie mit solch entwaffnender Frische und vollem flexiblen Ton, dass diese Interpretation für mich zum Höhepunkt des Abends wurde. ICMA Classeek Award wurde der Preis für ihn genannt. Sicher wird von Ettore Pagano noch viel zu hören sein.
Immer wieder für unbekanntes Repertoire hat sich der Pianist Oliver Triendl eingesetzt. Zu Recht erhielt er den Special Achievement Award. In Düsseldorf bestach er mit dem Eingangssatz aus dem Klavierkonzert von Antal Dorati. Im Fach Klavier brillierten auch zwei junge Pianisten aus der Türkei: Can Cakmur mit dem Rondo. Allegro aus Beethovens drittem Klavierkonzert und Can Sarac mit dem Finale Tschaikowsky b-Moll. Auch am Klavier Anna Gourari, die einzige Frau in diesem langen Gala-Programm. In gewohnter Werktreue spielte sie den Sanguiniker aus den Vier Temperamenten von Paul Hindemith.
Zwei Gesangsnummern wären noch zu nennen: Jérome Boutillier mit sehr hellem Bariton in einer Arie aus Charles Gounods Le tribut de Zamora (Dirigent: Vitali Alekseenok) und Samuel Hasselhorn, der mit Revelge ausdrücklich auf das unter der Leitung von Lukasz Borowicz in Poznàn eingespielte Album mit Liedern von Gustav Mahler aufmerksam machte.
Der Preis für Kammermusik wurde dem in Brüssel ansässigen Quatuor Danel zugesprochen. In Leipzig hatten die vier Musiker sämtliche Streichquartette von Dmitri Shostakovich aufgeführt und eingespielt. Mit dem Kopfsatz aus dem zweiten Streichquartett von Shostakovich demonstrierten sie die ungeheure Intensität ihres Spiels.
Nicht zum Schluss, aber unmittelbar nach der Pause gab es noch eine Überraschung, die Uraufführung eines Stück des außerhalb Österreichs kaum bekannten Komponisten Christoph Ehrenfeller: Wiener Blut 200, eine geistreich-schräge Adaptation des Wiener Walzers, eigens komponiert und den Düsseldorfer Symphonikern für diesen Abend gewidmet und auch noch temperamentvoll dirigiert vom Komponisten selbst. Mit diesem Farbtupfer in der über dreistündigen Gala hatte Ehrenfellner das Publikum sofort auf seiner Seite.
Den Abend kann jeder kostenfrei hier erleben: