Zwangläufig, der Markt will es so, vergleichen wir diese Aufnahme der Mendelssohnschen ‘Lobgesang’-Symphonie mit jener von Yannick Nézet-Séguin mit dem ‘Chamber Orchestra of Europe’, die das Highlight der Gesamtaufnahme bei DG darstellt.
Und der Kanadier gewinnt den Vergleich, denn wo Gardiner eher demonstrativ in der Differenzierung der einzelnen Teile wird, nimmt die Musik bei Nézet-Séguin einen natürlicheren und trotz der langsameren Tempi frischeren Verlauf. Gardiner braucht in der Tat drei Minuten weniger als Nézet-Séguin, was nicht unbedingt viel ist, aber viel ausmacht. Gardiners interpretatorische Bandbreite ist begrenzter, sowohl in der Dynamik als auch im Rubato. Das ergibt weniger Spannung und weniger Begeisterung im Lobgesang. Die Sinfonia fließt trotz rapiden Tempos eher langweilig dahin, und die Chöre kommen laut und schnell daher, was auf Kosten der Transparenz geht. Vor allem aber hat Nézet-Séguin die Frische und Leichtigkeit der Begeisterung, wo Gardiner im Jubilieren einseitig pompös wirkt. Wohlgemerkt, Gardiner versucht das Zeremonielle und Pathetisch-Feierliche schon zu vermeiden, aber wo er als Mittel vor allem die Schnelligkeit des Musizierens einsetzt, ist Nézet-Séguin einfallsreicher, inspirierter und letztlich auch aufrichtiger.
Dennoch: der Monteverdi Chor singt so, wie man es sich von diesem Chor erwartet, und in den dramatischeren Teilen wird das schon auch wirkungsstark.
Michael Spyres überzeugt durch einen fein artikulierten Gesang, auch wenn er manchmal in der Höhe an seine Grenzen kommt. Lucy Crowe setzt ihre bezaubernd junge Stimme ein, während Jurgita Adamonyté ihre Parts mit einer warm-vollen Stimme sehr sensibel gestaltet.
Fazit: keine schlechte Einspielung, aber weitaus weniger überzeugend als die von Nézet-Séguin, und im etwas unausgeglichenen Gardiner-Mendelsohn-Zyklus auch kein Höhepunkt.