Zwei musikalische Seelen wohnen in der Brust des polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki: Begonnen hat er als einer der führenden Komponisten der Avantgarde und ist berühmt geworden mit damals schockierenden Werken wie ‘Threnody to the Victims of Hiroshima’, doch wandte er sich später zurück zur tonal gebundenen Musik, wodurch er beißende Kritik von experimentellen Klangforschern wie Helmut Lachenmann erntete. Bis heute hält diese Verurteilung aus dem Lager der einstigen Adorno-Jünger an, die zeitgenössische Musik mit erlebend mitvollziehbarer Struktur und tonalen Verknüpfungen als Anachronismus abstempeln und ablehnen (von dieser Einengung der Wahrnehmung der heute existierenden Stilpluralität auf einen kleinen, exklusiv subventionierten Kreis sind viele freisinnig eigenständigen Komponisten betroffen).
Werke aus beiden Lebensabschnitten Pendereckis sind auf vorliegender CD zu hören, die Auswahl reicht von 1958 über 1997 bis ins Jahr 2014. Das früheste Werk sind vier ‘Psalmen Davids’ für gemischten Chor und Schlagwerk, schroff zerklüftete Werke von prägnanter Kürze. Klirrende Dissonanzen zeichnen das Bild der Psalmen, die den Hörer zu schockieren und zu überrumpeln wissen. Die beiden Hymnen, an St. Daniil und St. Adalbert, sind schon eher traditionsverbunden, sie überwältigen mit großen Spannungssteigerungen und einem jeweils optimistischen Finale, das vor allem in ersterer Hymne beinahe Erinnerungen an Mahler’sche Klangmassen aufkommen lässt. Hier wie auch im ‘Dies illa’ für drei Solisten, Chor und Orchester, welches erst vor zwei Jahren entstanden ist, ist Penderecki nicht mehr auf den Schock der quietschenden Reibung und Geräuschhaftigkeit angewiesen, er kann den Hörer durch tiefe klangliche Urgewalten mitreißen und in seinen Bann ziehen.
Insgesamt ist die Musik Krzysztof Pendereckis sehr effektvoll gestaltet, wobei sich die Wirkung nicht nur an der Oberfläche abspielt, sondern tief in das Wesen dieser Musik hineinzieht. Alle hier zu hörenden Werke können auf ihre eigene Art eine unentrinnbare Wirkung entfalten, sei es durch dunkles Brodeln archaischer Kräfte wie im düsteren ‘Dies illa’, in der emporsteigenden Erwartung der Hymnen oder in der blanken Gewaltsamkeit der Psalmen. Dies wird nicht zuletzt durch eine feine Beherrschung der Orchestration erreicht, die in jeder Besetzungsgröße, auch bei vergleichsweise sparsamem Orchestereinsatz, beeindruckt. In den Chorwerken neigt Krzysztof Penderecki gerne zu einem urtümlichen sakralen Ton, als wolle er die gesamte Tradition der kirchlichen Musik Revue passieren lassen und alles zusammenfassend in seinem Werk bündeln.
Chor und Orchester der Warschauer Philharmoniker bieten diese Musik mit tief verinnerlichtem Gefühl dar und beweisen ihr inniges Verständnis für Pendereckis Musik. Der von Henryk Wojnarowski einstudierte Chor ist fein aufeinander abgestimmt und ausgeglichen.
Die drei Solisten im ‘Dies illa’, Johanna Rusanen, Agnieszka Rehlis und Nikolay Didenko, lassen ihren Stimmen in opernhafter Zurschaustellung, mit Glanz und imponierender Geste freien Lauf, was jedoch nicht immer zu den schattenhaften Wechselfällen des Stücks passt. Auch stört das mechanische Vibrato in übermäßig ausgedehntem Ambitus, gerade in der männlichen Stimme.
Als Dirigent ist Krzysztof Penderecki vor allem auf die flächige Ausgestaltung und auf den Effekt bedacht, die überwältigende Wirkung steht an erster Stelle. Dies mag auch durchaus gelingen, wenngleich darunter Wendigkeit und Flexibilität leiden, die mit mehr Feinheit der Musik noch mehr Tiefe verleihen könnte.