Die Bedeutung von Mendelssohn kann man je nachdem, ob man ihn als Komponist des Biedermeier ansieht oder als Weiterentwickler klassischer Formen, wobei klassisch im Sinne des historischen anzustrebenden Ideals zu sehen ist, auf- oder abwerten. Inzwischen ist sein wichtiger Stellenwert wohl anerkannt.
Das frühe, mit vierzehn Jahren, als Schüler von Zelter, komponierte Es-Dur Quartett knüpft in diesem Sinne an die frühen Meister Haydn und Beethoven an, ohne die Qualität ihrer Werke zu erreichen. Aber es ist trotzdem ein reizvolles Werk und zeigt eine Stufe der Entwicklung des Komponisten. Ob der das Op. 81 abschließende Fugensatz gedacht war, den jetzigen Finalsatz des Es-Dur Werkes zu ersetzen, bleibt Spekulation. Aber er lässt erkennen, dass der Aufbau des vierten Satzes im Quartett noch schulmäßig war, der Einzelsatz dagegen eine Fortentwicklung der Technik des Kontrapunkts. Das Quartett in E-Dur op. 12 geht in dieser Sicht schon deutlich weiter. Es zeigt zum Beispiel Parallelen zu den späten Werken von Beethoven und damit, dass sich Mendelssohn mit diesen Vorbildern auseinander gesetzt hat. Außerdem eröffnet es individuelle Lösungen, wie die der Canzonetta an zweiter Position.
Das ‘Minguet Quartet’ ist mit seiner dreißigjährigen Geschichte schon eines der ‘alten’ Ensembles. Dass es sich die Neugier auch für scheinbar Bekanntes bewahrt hat und mit sorgfältiger Analyse und Erarbeitung auch solche Werke wirkungsvoll und auch mit lebhafter Frische darstellt, kann mit dieser Aufnahme, die ein weiterer Schritt zum Mendelssohn-Zyklus ist, vorlegt. Dass die Canzonetta leicht klingt, ist wenig überraschend. Aber vielleicht klingt sie nur nach Primaballerina und nicht nach Elfen.