Wolfgang Sawallisch - The Warner Classics Edition (Complete Symphonic,Lieder & Choral Recordings); 65 CDs Warner; Aufnahmen  1954-1997, Veröffentlchung 06.2024 (Werkliste am Ende)

Warner Classics veröffentlicht eine Box mit 65 CDs, die unter der Leitung des Dirigenten Wolfgang Sawallisch (1923-2023) entstanden. Nachfolgend findet der interessierte Leser die Rezensionen, die Pizzicato in der Vergangenheit von einer Reihe der darin enthaltenen Aufnahmen veröffentlichte.

Brillante Sarah Chang
♪♪♪♪♪ – Nicolo Paganini: Violinkonzert Nr. 1; Camille Saint-Saëns: Havanaise pour violon et orchestre + Introduction et Rondo Capriccioso; Sarah Chang, Violine, The Philadelphia Orchestra, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 1993/94 (54’48’) – Rezension von Remy Franck
Diese CD der jungen amerikanisch-koreanischen Geigerin Sarah Chang beweist, wie die Platten, die sie zuvor machte, dass diese Virtuosin eine herausragende Musikerin ist, die bereits in so jungen Jahren alles hat, was viele andere nie bekommen: eine stupende Technik, eine traumhaft sichere Fingerfertigkeit und daneben aber auch eine fabelhafte Eleganz, ein sehr ausgeprägtes Stilgefühl und eine Expressivität, in der sich Sinn für Dramatik mit Gefühlsausdruck aufs angenehmste verbinden.  Wolfgang Sawallisch und das Philadelphia Orchestra begleiten genauso stilvoll, so dass man, abgesehen von allen auf ein Wunderkind bezogenen Überlegungen, von Referenzversionen der drei hier eingespielten Werke sprechen kann.

Kovacevich und Sawallisch mit den Brahms-Konzerten
♪♪♪♪♪ – Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 1 op. 15 + Zwei Gesänge für eine Altstimme mit Bratsche und Klavier, op. 91; Stephen Kovacevich, Ann Murray, Nokubo Imai, The London Philharmonic, Wolfgang Sawallisch; Aufnahmen 12.1991, 03.1992 (59’28) – Rezension von Remy Franck
Mit dieser Aufnahme haben Stephen Kovacevich und Wolfgang Sawallisch die Messlatte für das erste Brahms-Konzert sehr hoch gelegt. Kaum je dürfte ein Dirigent die Leipziger Kritik so sehr Lügen gestraft haben, in der es hieß: « Die Gedanken schleichen entweder matt und siechenhaft dahin, oder sie bäumen sich in fieberkranker Aufgeregtheit in die Höhe, um desto erschöpfter zusammenzubrechen. » Sawallisch versteht es wie kein anderer, die ruhigeren Passagen zum Blühen zu bringen. Er lässt das London Philharmonic in satten Farben singen, ohne in Gefühlsseligkeit zu verfallen. Eine entspannte Ruhe kennzeichnet die langsamen Teile, mitreißender Schwung die Forte-Passagen. Stephen (Bishop)-Kovacevichs Spiel ist technisch überlegen, in hohem Masse ausgereift und ausdrucksvoll. Eine Ausnahmeeinspielung, hinter der die beiden Gesänge für Altstimme mit Bratsche und Klavier op. 91 – obwohl exzellent dargeboten – für meinen Begriff eher störend wirken. Aber, man kann ja vorher abschalten oder sie einfach wegprogrammieren und separat anhören.

Sawallischs Neunte
♪♪♪ – Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9; Margret Price, Marjana Lipovsek, Peter Seiffert, Jan-Hendrik-Rootering, Musikverein Düsseldorf, Concertgebouw Orkest Amsterdam, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 12.1992 (live, 68’22’) – Rezension von Remy Franck
Dies ist eine erstaunliche Aufnahme: Solisten, Chor und Orchester sind souverän (mit Abstrichen für Margret Price), der Klang ist transparent, die Musik kraftvoll und flüssig, und doch kann Sawallischs Interpretation irgendwie nicht befriedigen. Sie ist allzu bieder. Sie lässt den Zuhörer kalt.

War der Dirigent vielleicht zu sehr bemüht, die Struktur zu optimieren? Wollte er einen objektiven Beethoven, unbeschwert durch persönliche Eindrücke? Ging es ihm darum, diese Neunte einmal einem primär sonoren Konzept zu unterwerfen? Die Fragen kennen wir nicht beantworten… Wir stellen nur fest, dass es dieser Neunten gehörig an Innenleben fehlt. Aufhorchen tut man allenfalls am Schluss des vierten Satzes, wenn der Dirigent mit einem auffallend schnellen Tempo die Coda einleitet.

Sawallisch mit Bruckners Vierter
♪♪♪Anton Bruckner: Symphonie Nr. 4 (Novak-Ausgabe); Philadelphia Orchestra, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 03.1993 (66’31’) – Rezension von Remy Franck
Wolfgang Sawallisch setzt seinen Bruckner-Zyklus in Philadelphia fort – jetzt als Chefdirigent des Orchesters. Die Romantische Symphonie erblüht – entschlackt und eine ungewohnte rhythmische Strenge offenbarend – unter seinen Händen in neuen, frischen Farben, leidet aber gleichzeitig, vor allem in den beiden ersten Sätzen, unter einer gewissen Spannungslosigkeit. Das Scherzo und das Finale sind insgesamt konturierter, können aber für meinen Geschmack die (im Klangbild etwas mulmige) Aufnahme nicht ins Spitzenfeld hieven.

Sawallisch mit Strauss
♪♪♪♪ – Richard Strauss: Festliches Präludium + Till Eulenspiegels lustige Streiche + Sinfonia Domestica; The Philadelphia Orchestra, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 05.1993 (69’50’) – Rezension von Remy Franck
EMI hat dieses Strauss-Programm in Tokyo mitgeschnitten. Es ist aus mehreren Gründen hörenswert. Erst einmal ist die CD programmlich sehr attraktiv. Sie fügt drei Werke zusammen, die gut beieinander passen und eine hochangenehme Stunde Musik ergeben. Das Präludium gehört nicht zu den am häufigsten gespielten Werken von Strauss (wohl vor allem, weil es eine große Orgel benötigt) und ist in seinem hymnischen Schwung ein durchaus attraktives Werk.
Die Sinfonia Domestica ist ein oft missverstandenes Werk des Komponisten, das Sawallisch freilich kompromisslos als Programmmusik und, weil er selbst sagt, als ‘Familienangelegenheit’ betrachtet. Aus dieser Optik heraus hat er eine atmosphärisch sehr dicht und voller Humor steckende Interpretation entwickelt. Hörenswert ist aber auch das Spiel des Philadelphia Orchestra. Hier wie auch bei dem New York Philharmonic (unter Kurt Masur) spürt man jetzt deutlich die Hand des deutschen Dirigenten, der dem schnittigen amerikanischen Glanz gründlich den Garaus macht. Hut ab, vor dieser Leistung!

Wolfgang Sawallisch mit Beethoven
♪♪♪ – Ludwig van Beethoven: Symphonien Nrn. 1 und 3; Concertgebouw Amsterdam, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 06.1993 (77’15’) – Rezension von Remy Franck
Das Beethoven-Programm beginnt mit einer fein ziselierten, klar strukturierten, zügig gespielten und perfekt ausgeleuchteten, aber letztlich doch im Klang grellen und etwas unterkühlten Ersten Symphonie. Die Dritte, die Eroica, wird zwar wundervoll ziseliert und artikuliert, effektvoll geformt (mitunter sehr tänzerisch), aber es fehlt ihr für meinen Geschmack an Zugriff, Spannung und Dramatik.

Zweimal Hindemith
♪♪♪♪♪ – Paul Hindemith: Mathis der Maler (Symphonie) + Nobilissima Visione + Symphonische Metamorphosen nach Themen von C.M. von Weber; Berliner Philharmoniker, Claudio Abbado; Deutsche Grammophon (69’54)
♪♪♪♪♪ – Idem, Philadelphia Orchestra, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 1994 (71’23) Rezension von Remy Franck
Abbado als Interpret von Hindemith? Ich bin mit großer Neugier an diese CD herangegangen… und heute kann ich meine Begeisterung nicht verbergen. Die Berliner Philharmoniker sind in der Form ihrer großen Tage, und Abbado liefert eine sehr tiefe, fast mystische Vision dieser wunderbaren Werke von Hindemith. Das Klangbild ist dicht, ohne dass es an Transparenz oder Relief mangelt. Die Aufnahme ist recht direkt, was der Musik neben der Vitalität, die der Dirigent in sie zu legen weiß, eine packende Wirkung verleiht. Sawallisch geht sowohl an Nobilissima Visione als auch an die Symphonie Mathis der Maler viel entspannter, verspielter, weniger ernst, aber auch rhythmisch weniger streng heran. Andererseits ist die Tonaufnahme deutlich schlechter als die von DG. Und wenn man nicht zögert, das Beste aus beiden Aufnahmen zu definieren, muss man betonen, dass Abbados Aufnahme wirklich in jeder Hinsicht außergewöhnlich ist.

Kontemplative Momente
♪♪♪♪♪ – Wolfgang A. Mozart: Violinkonzert Nr. 3; Johannes Brahms: Violinkonzert op. 77; Frank Peter Zimmermann, Berliner Philharmoniker, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 1995 (59’36) – Rezension von Remy Franck
Frank Peter Zimmermann ist kein Synonym für Kraft und Überschwang. Daher wird niemand von seinen lyrischen Interpretationen überrascht sein, die Momente großer Kontemplation, wenn nicht gar Introspektion beinhalten. Ein sehr kohärenter Ansatz, stilistisch ausgereift und in der Umsetzung vollendet. Das klare Spiel des Geigers bewegt sich in einem mittleren Tempo, das durch Wolfgang Sawallischs entspanntes und ausgewogenes Dirigat aufrechterhalten wird. Besonders hervorzuheben sind die Kadenzen, insbesondere die von Joachim im ersten Satz des Brahms-Konzerts.

Einmal mehr…
♪♪Richard Strauss: Lieder + Vier Letzte Lieder; Barbara Hendricks; The Philadelphia Orchestra; Wolfgang Sawallisch; Aufnahmen 1994/95 (62’56) – Rezension von Remy Franck
Barbara Hendricks versucht sich an Richard Strauss und bringt nicht mehr zustande als ein manieristisches Singen ohne Tiefgang, ganz auf ihr Timbre aufbauend, mit dem vielleicht ein Ave Maria, nicht aber Vier letzte oder andere Lieder von Strauss als gute Interpretationen herauskommen können.

Sawallisch dirigiert Wagner
♪♪♪♪♪ – Richard Wagner: Ouvertüren: Faust; Das Liebesverbot; Rienzi; Symphonie in E-Dur; Wesendonck-Lieder (Henze-Fassung); Philadelphia Orchestra, Marjana Lipovsek, Alt; Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 1995 (68’17) – Rezension von Remy Franck
Diese Wagner-Platte ist hochinteressant: sie beginnt mit einer stürmisch-leidenschaftlichen Liebesverbot-Ouvertüre. Danach folgt die unvollendete Symphonie in E, von der nur ein Satz (uninstrumentiert) fertig wurde. Felix Mottl orchestrierte ihn und Sawallisch führte ihn 1988 zum ersten Mal auf. Das Stück ist freilich musikalisch nicht sehr wertvoll, nicht zu vergleichen jedenfalls mit den Ouvertüren Faust und Rienzi, von denen Sawallisch eine sehr dichte und packende Darstellung gibt. Die Wesendonck-Lieder erklingen hier nicht in der gängigen Mottl-Fassung, sondern in der intimistischeren Henze-Orchestrierung. Keine schlechte Wahl, da sie durchaus stimmungsvolle und tiefschürfende Interpretationen erlaubt. Die Lipovsek macht da schon mit, aber wie sehr wünschte man sich gerade in dieser kammermusikalischen Fassung eine der wirklich großen Wagner-Interpretinnen zu hören…

Ein gesprächiger Held
♪♪♪♪ –  Richard Strauss: Ein Heldenleben; Konzert für Oboe und Orchester; Richard Woodhams, The Philadelphia Orchestra, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 1994/95 (68’28) – Rezension von Remy Franck
Dass Strauss’ Held ein Schwätzer war, wussten wir. Aber nicht so! Und wenn man ihn so viel reden hört, versteht man kaum noch, was er sagt. Das bedeutet, dass Sawallischs neue Version von Ein Heldenleben vor allem orchestral und klanglich ist, als ob der Dirigent sich vom Inhalt distanzieren wollte, um mehr Freude an der raffinierten Orchestrierung, den Melodien und den Einfällen zu haben, von denen die Partitur so reich ist. Sawallisch hat übrigens auf der Grundlage der Originalpartitur aufgenommen (die im Finale leicht abweicht), die keine Programmhinweise enthält (die auch nicht vom Komponisten selbst formuliert wurden). Und obwohl Sawallisch nicht tief in die Partitur blickt, um extrovertierter zu bleiben, gibt er seinem Orchester die Gelegenheit, zu glänzen. Die Streicher sind großartig, mit glitzernden Violinen und extrem kräftigen Bässen, die das Klangbild dominieren. Die Blechbläser bleiben etwas im Hintergrund, aber die Holzbläser sind in einem weiträumigen Klangbild gut präsent. Als Ergänzung zum Programm haben wir Gelegenheit, eine sehr frische und schwungvolle Version des Oboenkonzerts in D-Dur zu hören, mit Richard Woodhams, der ersten Oboe des Philadelphia Orchestra, dessen kastrierter und sensibler Klang mir sehr gut gefällt.

Warmblütige Strauss-Interpretationen
♪♪♪♪ – Richard Strauss: Also sprach Zarathustra + Burleske + Don Juan; Emmanuel Ax, Klavier; Philadelphia Orchestra, Wolfgang Sawallisch; Aufnahme 05.1995 (68’47) – Rezension von Remy Franck
Ein charmant-verspielter Zarathustra, generös musiziert, ein opulentes Klangfarbenspiel als 34-minütiges Vorspiel zu der fast romantisch-virtuosen Burleske für Klavier und Orchester. Das Programm wird beschlossen mit einer ebenso warmherzig wie warmblütig-schwärmerischen, die Lyrik der Partitur auskostenden Interpretation der symphonischen Dichtung Don Juan. Das Ganze erklingt im typisch amerikanischen Sound, von Wolfgang Sawallisch überlegt inszeniert, alles in allem mehr Klangmalerei als Klangerlebnis. Das Klangbild ist etwas weiträumig und könnte dichter sein.

Zwei Doppelkonzerte
♪♪♪♪ –   Johannes Brahms: Doppelkonzert für Violine und Violoncello + Trio für Horn, Klavier und Violine op. 40; Frank Peter Zimmermann, Violine, Heinrich Schiff, Violoncello, London Philharmonic Orchestra, Wolfgang Sawallisch; Marie-Luise Neunecker, Horn; Wolfgang Sawallisch, Klavier; Aufnahme 1996 (60’17)
♪♪♪♪ –   Johannes Brahms: Doppelkonzert für Violine und Violoncello; Felix Mendelssohn: Konzert für Violine und Orchester; Itzhak Perlman, Yo-Yo Ma, Chicago Symphony Orchestra; Teldec (158’48) Rezension von Remy Franck
Hier sind zwei Aufnahmen des Doppelkonzerts, die kontrastreicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite haben wir das Trio Zimmermann, Schiff, Sawallisch mit einer dichten und lyrischen Lesung, die durch ihre Geschmeidigkeit, Eleganz und Poesie fesselt. Auf der anderen Seite stehen die Perlman, Ma und Barenboim, die eine nicht minder faszinierende Vitalität und Kraft an den Tag legen, weit entfernt von der Reinheit und Gelassenheit der EMI-Künstler! Das Team von Teldec betont die Kontraste, frischt die Farben auf und verleiht dem Konzert einen jugendlichen Charakter.
Es ist schwer, eine Wahl zu treffen, zumal das künstlerische Niveau in beiden Interpretationen extrem hoch ist. Ich bin dennoch der Meinung, dass Yo Yo Ma der bessere der beiden konkurrierenden Cellisten ist. Erwähnenswert ist auch, dass die EMI-CD mit dem Trio für Horn, Klavier und Violine von Brahms endet, einem ziemlich speziellen Werk, das hier mit perfekter Eloquenz und sehr warm wiedergegeben wird. Die Ergänzung des Programms der Teldec-CD ist Mendelssohns Violinkonzert. Barenboim und Perlman zeigen in diesem Werk eine außergewöhnliche Sinnlichkeit und kommunikative Wärme. Perlmans strahlendes, liebliches Spiel und der feste Klang, den er erzeugt, sind ein großer Pluspunkt.

Schumanns Urfassung der Dichterliebe
Supersonic – Robert Schumann: Heine Lieder (Liederkreis op 24 + Der arme Peter op. 53,3 + 20 Lieder und Gesänge aus dem Lyrischen Intermezzo); Thomas Hampson Bariton, Wolfgang Sawallisch, Klavier; Aufnahme 10.1994 (60’15) – Rezension von Remy Franck
Thomas Hampson steht als Liedsänger in der Nachfolge Fischer-Dieskaus. Das zeigt diese Schumann-CD sehr gut. Eine extrem klare Diktion, eine starke Textbezogenheit, eine Fülle an dynamischen und farblichen Nuancen, aber auch immer ein Rest von Künstlichkeit und Manierismen. Der Vortrag bleibt spürbar gesteuert, die Dramatik wird hin und wieder etwas aufgesetzt. Das sind freilich nur kleine Einschränkungen für einen herausragenden Sänger, dessen Stimme zu den ganz großen zu rechnen ist und dessen Vortrag den Zuhörer immer packt. Hampson hat in Sawallisch einen außergewöhnlich guten Partner, einen Sänger am Klavier, einen Begleiter, der die Stimme denkbar gut unterstützt.
Das Interessanteste an dieser CD ist wohl der Zyklus der 20 Lieder aus dem Lyrischen Intermezzo. Dabei handelt es sich um nichts anderes als um die Urfassung der Dichterliebe. Hampson hat diese Urfassung in Berlin gefunden und wohl auch uraufgeführt. Wie Nachforschungen ergaben, gibt es keine Verbindung zwischen der Urfassung und der später veröffentlichten Ausgabe, in der gegenüber der ersten Fassung vier Lieder fehlen und die auch musikalisch erheblich vom Urtext differiert. Wie und warum diese Änderungen zustande kamen und wer sie vorgenommen hat, darüber gibt es dem Begleittext zufolge keine Hinweise.  Diese erste Fassung zu entdecken ist also ein äußerst spannendes Unterfangen. Anfangs mag diese neue Musik mit ihren ungewohnten Akkorden in der Klavierbegleitung, mit ihrer aufgerauten, weitaus moderneren Führung der Gesangslinie etwas verwirren, doch stellt sich sehr rasch ein neues Gefühl für den Zyklus ein, in dem Heine eine Märchenwelt herbeizauberte, in die der Dichter flüchtete, um sich, so der Zauber beendet ist, wieder ganz einsam zu Haus “in dem düsteren Poetenstübchen” wiederzufinden. Heines Augenzwinkern, seine Selbstironie kommen in der ersten Fassung weitaus besser zum Ausdruck als in der späteren Ausgabe, nicht zuletzt weil vier für das Text-Verständnis wichtige Lieder hier enthalten sind. Schumann hat in dieser Urfassung auch jenen Heine musikalisch berücksichtigt, der manchmal so brutal und zynisch aus der Romantik ausbrechen konnte, etwa in Ein Jüngling liebt ein Mädchen. All dies kommt in der Hampson-Interpretation spürbar gut zum Ausdruck. Insofern ist diese CD für jeden, der sich mit Schumann-Liedern auseinandersetzen will, ein Must.

Vom Komponisten abgesegnet
♪♪♪♪ –  Carl Orff: Carmina Burana; Agnes Giebel, Sopran, Marcel Cordes, Bariton, Paul Kuén, Tenor, Chor des Westdeutschen Rundfunks, WDR Symphonieorchester Köln, Wolfgang Sawallisch Aufnahme 1956 (57’11) – Rezension von Remy Franck
Diese Mono-Aufnahme entstand 1956 unter der Aufsicht vom Komponisten. Sie ist etwas ganz Besonderes: Sawallisch geht es nicht so sehr um mitreißenden Schwung, sondern um Farben und sehr gute Charakterisierungen der einzelnen Tänze, ob nun schwungvoll oder ganz gemächlich. Es gibt hier Texturen, wie man sie in anderen Einspielungen nicht hört. Exzellente Solisten, ein guter Chor und ein gutes Orchester bringen neben den Farben auch Klangpracht.
Die Monoaufnahme ist etwas eng und trocken. Am Schluss gibt es dann noch Dankesworte von Carl Orff an das gesamte Ensemble.
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Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzerte Nr. 17, 20-22; Violinkonzert Nr. 3 (in zwei Einspielungen)
+Ludwig van Beethoven: Symphonien Nr. 1-9; Klavierkonzert Nr. 5
+Felix Mendelssohn: Symphonie Nr. 2 « Lobgesang »; Violinkonzert op. 64; Lieder op. 8 Nr. 4 & 8; op. 9 Nr. 6; op. 19a Nr. 1-6; op. 34 Nr. 1-3, 6; op. 47 Nr. 1-4, 6; op. 57 Nr. 1, 2, 4-6; op. 71 Nr. 1, 3-6; op. 84 Nr. 3; op. 86 Nr. 1, 4, 5; op. 99 Nr. 1 & 5; WoO 4 Nr. 2; WoO 7; WoO 16; WoO 17 Nr. 1 & 2
+Johannes Brahms: Symphonien Nr. 1-4; Haydn-Variationen op. 56a; Akademische Festouvertüre op. 80; Tragische Ouvertüre op. 81; Klavierkonzerte Nr. 1 & 2; Violinkonzert op. 77; Konzert op. 102 für Violine, Cello, Orchester; Horntrio op. 40; Schicksalslied op. 54; 2 Lieder op. 91 für Kontraalt, Viola, Klavier; Lieder op. 3 Nr. 4; op. 6 Nr. 2-5; op. 7 Nr. 1, 4, 6; op. 43 Nr. 1-3; op. 46 Nr. 1-4; op. 47 Nr. 1-4; op. 48 Nr. 1, 2, 5-7; op. 49 Nr. 1-5; op. 57 Nr. 2-8; op. 58 Nr. 1-8; op. 59 Nr. 1-8; op. 63 Nr. 1-9; op. 95 Nr. 3; op. 96 Nr. 3; op. 97 Nr. 1-3, 5, 6; op. 106 Nr. 1-5; op. 107 Nr. 1, 2, 4; 5 Lieder op. 105 (Nr. 1, 3-5 in zwei Einspielungen); Lieder und Romanzen op. 14 Nr. 1-8; Gedichte op. 19 Nr. 2 & 5; 4 Ernste Gesänge op. 121; Mondnacht WoO 21
+Carl Maria von Weber: Euryanthe-Ouvertüre op. 81; Der Beherrscher der Geister-Ouvertüre op. 27; Abu Hassan-Ouvertüre; Jubel-Ouvertüre op. 59; Der Freischütz-Ouvertüre op. 77; Preciosa-Ouvertüre op. 78; Oberon-Ouvertüre
+Franz Schubert: Messen D. 105, 167, 324, 452, 678, 950; Deutsche Messe D. 872; Lazarus oder die Feier der Auferstehung D. 689 (Kantate); Kyrie D. 31, 45, 49, 66; Stabat Mater D. 175 & 383; Salve Regina D. 106, 379, 386, 676, 706, 811, 953; Tantum Ergo D. 460, 461, 739, 750, 962; Hymnus an den heiligen Geist D. 964; Offertorien D. 136, 181, 223, 963; Graduale D. 184; Magnificat D. 486; Psalmen D. 706 & 953; Auguste jam coelesterium D. 488; Mehrstimmige weltliche Chorwerke D. 37, 38, 43, 51, 53-55, 57, 58, 60-64, 67, 69, 71, 75, 129-131, 140, 147, 148, 199, 202, 203, 205, 242-244, 267, 268, 277, 331, 337, 338, 356, 357, 364, 422-424, 427, 428, 435 Nr. 13, 494, 513, 572, 635, 641, 656, 657, 710, 714, 724, 740, 747, 757, 809, 825, 835, 836, 847, 848, 865, 875, 892, 893, 901, 903, 912-914, 916, 920, 942, 983, 988; Die Winterreise D. 911
+Robert Schumann: Symphonien Nr. 1-4; Ouvertüre, Scherzo & Finale op. 52; Manfred-Ouvertüre op. 115; Messe c-moll op. 147; Der arme Peter op. 53 Nr. 3; Liederkreis op. 24; Dichterliebe op. 48; Dein Angesicht op. 127 Nr. 2; Lehn deine Wang op. 142 Nr. 2; Es leuchtet meine Liebe op. 127 Nr. 3; Mein Wagen rollet langsam op. 142 Nr. 4
+Richard Wagner: Tannhäuser-Ouvertüre; Die Meistersinger von Nürnberg-Ouvertüre; Dämmerung und Siegfrieds Rheinfahrt & Siegfrieds Trauermarsch aus Götterdämmerung; Das Liebesverbot der Apostel-Ouvertüre; Eine Faust-Ouvertüre; Rienzi-Ouvertüre; 1. Satz aus Symphonie E-Dur; Wesendonck-Lieder (arrangiert von Hans Werner Henze)
+Anton Bruckner: Symphonie Nr. 4 « Romantische » (Nowak Edition)
+Antonin Dvorak: Symphonien Nr. 7-9 (Nr. 8 & 9 in zwei Einspielungen); Scherzo capriccioso op. 66 (in zwei Einspielungen); Carnival-Ouvertüre op. 92; Symphonische Variationen op. 78; Cellokonzert op. 104
+Peter Tschaikowsky: Schwanensee-Ballettmusik op. 20; Schwanensee-Suite op. 20a; Der Nussknacker-Suite op. 71a
+Richard Strauss: Also sprach Zarathustra op. 30; Burleske d-moll für Klavier & Orchester; Don Juan op. 20; Der Bürger als Edelmann op. 60; Walzer-Szene aus Intermezzo op. 72; Ein Heldenleben op. 40; Oboenkonzert D-Dur; Festliches Präludium op. 61; Till Eulenspiegel op. 28; Sinfonia Domestica op. 53; Hornkonzerte Nr. 1 & 2; 4 Letzte Lieder; Gedichte aus Letzte Blätter op. 10 Nr. 1-8 (Nr. 4, 7, 8 in zwei Einspielungen); Lieder op. 22 Nr. 1-4 « Mädchenblumen »; Lieder op. 10 Nr. 1, 3, 6; op. 15 Nr. 4 & 5; op. 17 Nr. 1 & 2; op. 21 Nr. 1 & 2; op. 27 Nr. 1-4 (in zwei Einspielungen); op. 29 Nr. 2; op. 31 Nr. 3; op. 36 Nr. 1-3; op. 37 Nr. 3; op. 39 Nr. 1 & 4; op. 41 Nr. 1 & 5 (Nr. 1 in zwei Einspielungen); op. 48 Nr. 1-4; op. 68 Nr. 2 & 3; op. 69 Nr. 5; 3 Liebeslieder
+Hans Pfitzner: Herr Oluf op. 12; An den Mond op. 18; Sie haben heut’ abend Gesellschaft op. 4 Nr. 2; Lehte op. 37; An die Mark op. 15 Nr. 3; Dietrichs Erzählung aus Der arme Heinrich; Zorn op. 15 Nr. 1
+Paul Hindemith: Symphonische Metamorphosen über Themen von Weber; Nobilissima Visione-Suite; Symphonie « Mathis der Maler »; Trompetensonate
+Carl Orff: Carmina burana
+Henri Tomasi: Triptyque für Trompete & Klavier
+Niels Viggo Bentzon: Trompetensonate op. 73
+Edvard Hagerup Bull: Perpetuum mobile für Trompete & Klavier
+Eugene Bozza: Rustiques für Trompete & Klavier
+Gabriel Pares: Fantaisie-Caprice für Trompete & Klavier
+Jacques Ibert: Impromptu für Trompete & Klavier
+ »Stokowski-Transkriptionen » – Johann Sebastian Bach: Schafe können sicher weiden aus BWV 208; Wachet auf, ruft uns die Stimme aus BWV 140; Ein feste Burg ist unser Gott aus BWV 80; Toccata & Fuge d-moll BWV 565; Luigi Boccherini: Menuett aus Streichquintett E-Dur G. 275; Ludwig van Beethoven: 1. Satz aus Klaviersonate Nr. 14 « Mondschein »; Frederic Chopin: Prelude Nr. 4 e-moll; Cesar Franck: Panis Angelicus aus Messe op. 12; Peter Tschaikowsky: Andante cantabile aus Streichquartett Nr. 1 D-Dur; Romanze op. 38 Nr. 2; Claude Debussy: Clair de lune; La Cathedrale engloutie; Sergej Rachmaninoff: Prelude Nr. 1 cis-moll « The Bells of Moscow »

Künstler: Youri Egorov, Annie Fischer, Johanna Martzy, Frank Peter Zimmermann, Margaret Price, Marjana Lipovsek, Peter Seiffert, Jan-Hendrik Rootering, Peter Schreier, Brigitte Fassbaender, Dietrich Fischer-Dieskau, Hildegard Behrens, Helen Donath, Adolf Dallapozza, Lucia Popp, Francisco Araiza, Erika Rüggeberg, Julia Falk, Maria Venuti, Josef Protschka, Robert Tear, Thomas Hampson, Krisztina Laki, Mitsuko Shirai, Stephen Kovacevich, Ann Murray, Nobuko Imai, Marie Luise Neunecker, Natalia Gutman, Emanuel Ax, Richard Woodhams, Dennis Brain, Agnes Giebel, Paul Kuen, Marcel Cordes, Ole Edvard Antonsen, Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf, Chor des Bayerischen Rundfunks, Ambrosian Singers, Philharmonia Orchestra, Berliner Philharmoniker, Concertgebouw Orchestra, Capella Bavariae, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Staatskapelle Dresden, Philadelphia Orchestra, London Philharmonic Orchestra, Wolfgang Sawallisch, Heinrich Schiff

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