Fazil Says Violinkonzert ‘1001 Nights in the Harem’ wurde als Auftragswerk des Luzerner Sinfonieorchesters komponiert und von Patricia Kopatchinskaja unter der Leitung von John Axelrod uraufgeführt. Wenn Sie die damals gemachte Aufnahmen besitzen und glauben, das Werk zu kennen, muss ich das verneinen. Wo Kopatchinskaja und Axelrod noch Klangschönheit und musikalische Linien pflegen, gehen Iskandar Widjaja und Howard Griffiths das Werk weitaus moderner an. Der erste Satz wird vom Solisten regelrecht zerfetzt, und die Musik erinnert den Hörer an die Lichteffekte einer Diskokugel, vielleicht auch an pointilistische Malerei oder an Vogelgezwitscher. Das Allegro wird rasant gespielt, viel schneller als bei Kopatchinskaja, und das Sensuelle und Schillernde kommt in der Kadenz und im Andantino generös zum Ausdruck, während der letzte Satz wiederum sehr rhythmisch klingt, ehe das Werk ganz beschaulich und sensuell zu Ende geht, allerdings nicht ohne das Zwitschern von Iskandar Widjajas Geige.
Auch im ‘Grand Bazaar’ schärft Howard Griffiths die Rhythmik und zeigt eher nervöse Geschäftigkeit als die breitere und weitaus farbigere orientalische Stimmung, wie sie z.B. John Axelrod mit dem Symphonieorchester aus Sevilla gelang.
In seiner ‘China Rhapsody’ setzt Fazil Say das Klavier als Soloinstrument ein, und nicht nur wenn ein Bleistift auf die Saiten gepresst wird, um die Guzheng zu imitieren, ist hier orientalisches Kolorit angesagt, das Griffiths und die türkische Pianistin Iraz Yildiz sehr idiomatisch herausarbeiten.
Und so ist diese CD mit Werken von Fazil Say in mehreren Hinsichten wichtig, wegen der Ersteinspielungen von ‘Grand Bazaar’ und der ‘China Rhapsody’ und wegen der neuen Sicht auf das Violinkonzert, die sich von der Kopatchinskaja-Aufnahme total unterscheidet.