Ob ‘Ein Heldenleben’ egomanischen Charakter hat oder Strauss sich doch eher augenzwinkernd damit auseinandersetzte, kann und wird wohl weiter diskutiert werden. Über die ‘Burleske’, ein frühes, noch Brahms-nahes Werk, sagte Strauss in späteren Jahren selber, dass er diese Phase hinter sich gelassen habe. Eine weitere Differenz ist, dass die ‘Burleske’ abstrakte Musik ist, das ‘Heldenleben’ seinen späteren Stil der Tondichtungen vertritt. Insofern handelt es sich um zwei durchaus unterschiedliche Kompositionen dieses Tonsetzers.
Rezension von Uwe Krusch: Das Niederländische Philharmonische Orchester und sein Musikdirektor Marc Albrecht stellen diese beiden Werke in ausgefeilten Interpretationen vor. Die gesamte Breite orchestraler Farben, die Strauss diesem Werk hat angedeihen lassen, wissen sie anzumischen und damit kunstvoll das Gemälde auf die Leinwand zu bringen. Vielleicht sind manche Schichten ein wenig pastos und damit zu dick. Aber insgesamt gelingt dem Ensemble eine wirklich beeindruckende Darstellung. Alle Orchestergruppen können durch differenziertes und sauber gestaltetes Ensemblespiel überzeugen. Auch der Konzertmeister, Vadim Tsibulewsky, präsentiert den Solopart, der von der Schwierigkeit viele Violinkonzerte hinter sich lässt, mit Eleganz und überzeugender Heldenmanier.
Für die Burleske wurde mit Denis Kozhukhin ein Solisten gefunden, der seine Interpretation eher reflektiv angeht. Trotzdem gelingt es ihm, die ‘Burleske’, also einen Spaß, lebhaft und voller kleiner ausgehorchter Momente und gleichzeitig schwungvoll einen großen Bogen zu geben, der die zwanzig Minuten Spieldauer locker überspannt. Die vom gewünschten Widmungsnehmer, Hans von Bülow geäußerte Widerhaarigkeit, die sich aus den großen technischen Herausforderungen der Stellungen der Finger ergibt, scheint für Kozhukhin heute keine Bedeutung mehr zu haben.
Die Tonaufnahme ist detailreich, zeigt räumlich Breite und Tiefe und wirkt gut ausbalanciert.
Rezension von Alain Steffen: Wie bei den meisten Werken ist es völlig ausreichend, wenn man drei, vier oder auch fünf Aufnahmen besitzt. Richard Strauss‘ ‘Heldenleben’ war und ist natürlich ein Renner, und demnach zahlreich sind die Einspielungen dieser beliebten Tondichtung. Die Referenzaufnahmen: Fritz Reiner mit dem Chicago Symphony Orchestra, Bernard Haitink mit dem Concertgebouw, Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern, Rudolf Kempe mit der Staatskapelle Dresden und Christian Thielemann mit den Wiener Philharmonikern. Dann kommen noch unzählige erstklassige Aufnahmen hinzu, zu denen auch diese Neueinspielung mit Marc Albrecht und dem ‘Netherlands Philharmonic Orchestra’ gerechnet werden muss. Das Orchester spielt auf Weltklasseniveau und braucht sich hinter seinen illustren Konkurrenten nicht zu verstecken.
Marc Albrecht hat genügend Gespür für die Balance zwischen atonalem Getöse und zuckersüßen Melodien, zwischen wilden Ausbrüchen und wundervollem Pathos, so dass man sich nur zurückzulehnen braucht, um Strauss‘ opulente Tondichtung in vollen Zügen und in dem herrlich präsenten Pentatone-Klangbild genießen zu können.
Die glänzend interpretierte und mit spielerischem Witz versehene ‘Burleske’ für Klavier und Orchester mit dem überragenden Solisten Denis Kozukhin besitzt einen etwas höheren Repertoirewert, so dass man diese Aufnahme zu den Referenzeinspielungen zählen darf.
Excellent performances of two Strauss works by the Netherlands Philharmonic Orchestra and its chief conductor. The orchestra’s playing is superb, with colourful instrumental solos, including those of the Konzertmeister. Pianist Denis Kozhukhin is outstanding in the Burleske.