Nach einer umstrittenen Aufnahme von Anton Bruckners Vierter Symphonie aus dem Münchner Gasteig (Pizzicato-Rezension) legt das Label des Orchesters nun die Symphonien Nr. 4, 5, 6 und 7 in Einzelaufnahmen vor (eine Box mit allen Symphonien Bruckners ist für November geplant). Sie wurden in der Stiftsbasilika St. Florian aufgezeichnet.
Nun ist Gergievs sportive und hemdsärmelige Vierte auch in St. Florian nicht besser geworden als einige Jahre zuvor im Münchner Saal. Gergiev hat nicht mehr als den musikalischen Fluss und die Transparenz des Orchestergeschehens im Sinn. Nun gut, das ist schon viel, aber zu Bruckner gehört doch mehr, nämlich eine geistige Dimension, die Gergiev völlig abgeht, was so manche Passage regelrecht trivial und gefährlich nahe an der Grenze zum Kitsch geraten lässt.
Nicht mehr weiß Gergiev mit der Fünften anzufangen. Er arbeitet mit gedehnten Tempi, wohl um mehr Feierlichkeit zustande zu bringen. Aber letztlich bleibt die Musik sehr vordergründig, und das, was man respektvoll als Brucknerscher Naivität bezeichnen könnte, wird hier kindisch. Die Unterschiede zwischen Licht und Dunkel, zwischen Bestimmtheit und scheuem Zögern, zwischen verhaltener und hymnischer Sprache wie sie etwa bei Georg Tintner (Naxos) voll zur Geltung kommen, fehlen hier völlig.
Im ersten Satz der Sechsten meint man gelegentlich, Gergiev habe Zugang zur Musik gefunden und es passiere endlich etwas. Doch nach kurzem Aufschwung verkümmert das Spiel der Münchner Philharmoniker wieder in Belanglosigkeit. Naturgemäß liegt das Scherzo dieser Symphonie Gergiev am besten, doch dem Finale fehlt es deutlich an Kontrasten zwischen Intensität und Entspannung, die Musik bleibt allzu flach.
Bruckners Siebte gestaltet Gergiev mit Akzenten und Energie, mit Gefühlen der Erhabenheit, mit etwas Schmerz und viel Glanz. Der ‘seelenhafte Gesang’ und die ‘Klangmystik’ von der Alexander Berrsche spricht, entfalten sich in dieser Interpretation nicht.
Nach den Bruckner-Aufnahmen der Münchner Philharmoniker mit Thielemann und vor allem Celibidache scheint mir dies ein höchst überflüssiges Unternehmen zu sein. Was Celi wohl denken würde, wenn er sein Orchester mit einem derart oberflächlichen Bruckner hören würde? Wer guten und spanenden Bruckner aus St. Florian hören möchte, soll zu den Einspielungen unter dem französischen Dirigenten bei Gramola greifen. (Links zu unseren Rezensionen am Ende des Beitrags).
After a controversial recording of Bruckner’s Fourth Symphony from the Munich Gasteig (Pizzicato review) the orchestra’s label now presents Symphonies Nos. 4, 5, 6 and 7 in single recordings made at St. Florian (a box with all Bruckner’s symphonies is planned for November).
Now Gergiev’s sporty and shirt-sleeved Fourth has not become any better in St. Florian than it was in the Munich Hall a few years earlier. Gergiev has no more than the musical flow and orchestral transparency in mind. Well, that’s a lot, but there is more to Bruckner than that, namely a spiritual dimension that Gergiev completely misses. He lets some passages become downright trivial and dangerously close to kitsch.
Gergiev no better knows what to do with the Fifth. He uses stretched tempos, probably to achieve more solemnity. But in the end the music remains very superficial, and what one could respectfully call Bruckner’s naivety becomes childish here. The differences between light and dark, between determination and shy hesitation, between restrained and hymnic language, as they are fully expressed in Georg Tintner’s interpretation (Naxos) are completely absent here.
In the first movement of the Sixth one occasionally thinks that Gergiev has found access to the music and that something is finally happening. But after a brief upswing, the Munich Philharmonic Orchestra’s playing degenerates again into triviality. Naturally, the scherzo of this symphony suits Gergiev best, but the finale clearly lacks contrasts between intensity and relaxation, and the music therefore remains all too flat.
The Seventh has a lot of energy, also feelings of sublimity, a little pain and a lot of brilliance. The ‘soulful singing’ and ‘sound mysticism’ that Alexander Berrsche speaks of do not unfold in this interpretation.
After the Bruckner recordings of the Munich Philharmonic Orchestra with Thielemann and especially Celibidache, this seems to me to be a highly superfluous undertaking. What would Celi think, would he hear his orchestra with such a superficial Bruckner? Anyone who wants to hear good and exciting Bruckner from St. Florian should go to the recordings under the French conductor on Gramola.
Bruckners Zweite in der Urfassung, aufgenommen in St. Florian