Garrick Ohlsson hat dieses Chopin-Recital zweimal eingespielt, einmal auf einem Erard von 1849 (CD mit schwarzem Cover) und einmal auf einem modernen Steinway D (CD mit weißem Cover). Das klingt natürlich im Vergleich sehr unterschiedlich, aber Garrick Ohlsson, Chopin-Preisträger von 1970, interpretiert auch anders, je nachdem auf welchem Flügel er sitzt. Das zeigt sich allein schon in den Spielzeiten. Auf dem Steinway braucht der Pianist für genau dasselbe Programm drei Minuten mehr als auf dem Erard. Das kommt, wenn man genauer hinschaut, vor allem durch die Nocturnes, die auf dem modernen Flügel länger dauern, klanglich mehr ausgekostet werden und viel nuancenreicher klingen als auf dem Erard. Zweifellos bringt der moderne Flügel ‘mehr Musik’ als der alte, auch wenn dieser sehr gut und überraschend ausgewogen klingt.
Das Scherzo wird kontrastreich aufgebaut und kann in beiden Aufnahmen vollauf überzeugen. Die Ballade gestaltet Ohlsson in der Einleitung sehr spannungs- und gefühlvoll, aber die explosiven Entladungen im Verlauf des Werks gelingen ihm in beiden Fällen nicht wirklich überzeugend. Dadurch verliert die Ballade an Aussagekraft.