Und da haben wir sie wieder, diese unglaubliche Intensität, mit der die Tschechische Philharmonie unter der Leitung von Semyon Bychkov Mahler spielt. Es gibt unglaublich viel zu hören in dieser Symphonie, die der Dirigent bis in den letzten Notenwinkel durchleuchtet und – zum Teil wenigstens – absolut großartig gestaltet. Zu diesem Klangeindruck gesellt sich jener der emotionalen Implikation. Bychkov dirigiert spannungs- und ausdrucksvoll, so dass er den Hörer ständig beim Ohr nimmt. Nach dem kraftvollen ersten Satz wird der zweite schön differenziert und fällt auch durch besonders liebevoll gespielte lyrische Passagen auf. So hat längst nicht jedes Orchester in diesem Satz gesungen.
Das heißt nicht, dass Bychkov kleinen Sinn fürs Drama hat, denn leidenschaftliche Rhetorik ist auch, wo notwendig, vorhanden. Er tut das nicht mit so emotionell überspitzten, theatralischen Gesten wie Leonard Bernstein in seinen späten Mahler-Einspielungen, er geht in dieser Hinsicht gemäßigter vor, dafür kontinuierlich mit einer geradezu atemberaubenden Intensität.
Der üppig blühende Klanggarten des dritten Satzes führt zum sehr intim vorgetragenen Urlicht. Dieser Satz erlangt durch die Natürlichkeit des Ausdrucks eine berückende Schönheit. Im hochdramatischen, sehr dynamischen vierten Satz wird die Musik voll durchgeatmet und fließt ständig: die Innenspannung ist stets groß genug, um das Ohr permanent auf Empfang zu halten und doch hemmt sie den Fluss der Musik nicht.
Im letzten Satz fällt zunächst die Stimme von Christiane Karg wegen zu viel Vibrato unangenehm auf. Vor allem aber finde ich, dass Bychkov den Satz zu verhalten angeht, wohl um den Schluss effektvoller werden zu lassen. Aber letztlich fehlt es gerade im Chorteil an feierlich-leidenschaftlichem Engagement, das dem Hörer die Gänsehaut bringen würde, wie das Paavo Järvi mit dem Orfeon Donostiarra und dem Frankfurter Radio-Sinfonieorchester auf Virgin Classics gelungen war. Daher ist unsere anfängliche Begeisterung bei dieser Aufnahme am Schluss erheblich verringert.
And there we have it again, this incredible intensity with which the Czech Philharmonic Orchestra conducted by Semyon Bychkov plays Mahler. There is much to hear in this symphony, which the conductor illuminates down to the last note and – in part at least – shapes absolutely magnificently. This sound impression is joined by that of emotional implication. Bychkov conducts with tension and expression, so that he constantly takes the listener by the ear. After the powerful first movement, the second is beautifully differentiated and also stands out with particularly lovingly played lyrical passages. Not every orchestra has sung like this in this movement.
This is not to say that Bychkov has little sense of drama, for passionate rhetoric is also present where necessary. He doesn’t do it with such emotionally overblown, theatrical gestures as Leonard Bernstein did in his late Mahler recordings; he takes a more measured approach in this regard, but continuously with an almost breathtaking intensity.
The lushly blooming sound garden of the third movement leads to the very intimately performed Urlicht. This movement attains an enchanting beauty through the naturalness of expression. In the highly dramatic, very dynamic fourth movement, the music is fully breathed and flows constantly: the inner tension is always great enough to keep the ear permanently receptive, and yet it does not inhibit the flow of the music.
In the last movement, Christiane Karg’s voice has an unpleasant vibrato. Above all, however, I find that Bychkov approaches the movement too cautiously, probably in order to make the ending more effective. But in the choral part, there is a lack of that solemn, passionate commitment that would give the listener goose bumps, as Paavo Järvi succeeded in doing with the Orfeon Donostiarra and the Frankfurt Radio Symphony Orchestra on Virgin Classics. As a result, our initial enthusiasm with this recording is considerably diminished in the last movement.