An dieser Stelle wurde schon mehrfach der Umstand erläutert, dass Bearbeitungen von groß besetzten Werken geschaffen wurden, teilweise durch die Komponisten selber, um die Verbreitung dieses Stückes auch außerhalb großer Räume, etwa eines Opernhauses, zu ermöglichen. Damit konnten diese Werke auch im Salon gespielt werden. So verhält es sich mit den beiden Bearbeitungen der Fidelio und der dritten Leonoren-Ouvertüren.
Anders ist die Situation bei der ‘Großen Sonate für das Hammerklavier’ op. 106. Sie erfährt durch die Umformung in eine Komposition für Streichquartett quasi eine Vergrößerung. Und diese Fassung ist erst wenige Jahre alt. Außerdem unterscheidet sich diese Umformung etwa von denen der Ouvertüren, weil letztere eher eine Vereinfachung erfahren haben.
Die Übertragung der Hammerklaviersonate, die schon für das Piano höchste Anforderungen stellt, erfolgte beinahe unverändert. Galt schon das Original bis zu Liszt als unspielbar, so kann man der Quartettfassung dieses Attribut erst recht zugestehen. Wobei man allerdings Unterschiede in den Sätzen heraushören kann. Der erste Satz, der auch perkussive Momente aufweist, ist in der Übertragung weniger streichbar als etwa der groß angelegte dritte Satz, der als Adagio sostenuto ein klingendes Streicherfest voller Inbrunst geworden ist.
David Plylar, Kustos an der ‘Library of Congress’, hat erst vor wenigen Jahren eine Fassung für Streichquartett angefertigt, die als Idee eines Studienleitfaden durch das strukturelle Geflecht des ausladenden Opus begann und sich dann als durchaus eigenständiges Werk und damit den Blick erhellende Erweiterung gemausert hat.
Seit der durch die willkürlich arbeitende US-Justiz erzwungenen Neubesetzung des Ersten Geigers hat das Leipziger Streichquartett einen neuen Ansatz kultiviert, der weiterhin auf hoher Klangkultur aufbaut, dann aber auch sozusagen objektiver artikuliert und damit ein stringenteres Hörerlebnis bietet. Die einzelnen Instrumente sind klarer herauszuhören und trotzdem wird auch ein Gesamtbild großer Zusammengehörigkeit präsentiert. So gelingt die Durchleuchtung des Klavierwerks analytisch und doch auch beseelt. Während der erste Satz in der Anpassung an das Quartett deutlich die pianistische Struktur heraushören lässt, ist in den anderen Sätzen, insbesondere im dritten, sowohl in der Komposition als auch der Interpretation eine Adaption erreicht, die nicht vermuten lässt, dass das Wert nicht für diese Besetzung komponiert wurde.
Die beiden Ouvertüren wirken nach diesem Koloss wie kleine Zugaben. Ihnen wohnt jedoch der Charme der leichteren Diktion inne. Diese CD stellt eine spannende Ergänzung der Sicht auf Beethoven dar. Mit der Streicherbesetzung gibt sie den Liebhabern dieser Instrumente ein neues großes Quartett ans Ohr.