Jean Sibelius: Kuolema (Bühnenmusik), König Christian II. (Bühnenmusik), Ouvertüre a-Moll; 2 Lieder aus Zwölfte Nacht; Pia Pajala, Sopran, Waltteri Torikka, Bariton, Turku Philharmonic Orchestra, Leif Segerstam; 1 CD Naxos 8.573299; 2/14 (71'16) – Rezension von Remy Franck

Von den bedeutenden Sibelius-Dirigenten ist der heute 71-jährige Leif Segerstam der umstrittenste, weil er mehr wagt als andere. Das aber ist gut, weil es das Interpretationsbild erweitert und bereichert. Eine seiner Spezialitäten ist die höchst ungewöhnliche, anfangs extrem langsame und dann – im Poco risoluto – sehr dramatische Zubereitung der ‘Valse Triste’. Im Urzustand ist diese Komposition der erste Teil der Bühnenmusik ‘Kuolema’, die 1903 zum gleichnamigen Schauspiel von Arvid Järnefelt komponiert wurde. Nach der ‘Valse Triste’ kommt das ‘Lied von Paavali’, in dem der Knabe in einem Schneesturm von kalter Landschaft und warmen Herzen singt. Die stimmungsvolle Szene mit Elsas Liebeslied führt zur Szene mit den Kranichen, dann zu einem Moderato, das die Zeit des Erwachsenenalters von Paavali widerspiegelt. In der sechsten Nummer (Andante ma non tanto) läuten die 12 Todesglocken zum Ableben Pavaalis. Segerstams Interpretation an der Spitze seines dramatisch aufspielenden Orchesters aus Turku – er ist dort seit 2012 Chefdirigent – ist von packend expressiver Dichte.

Nach zwei kurzen Orchesterliedern folgt die ebenfalls sehr selten zu hörende Bühnenmusik ‘König Christian II.’, die fünf Jahre vor Kuolema zum gleichnamigen Schauspiel von Adolf Paul komponiert wurde. Sie hat sieben Teile: Elegie – Musette – Menuett – Lied des Narren von der Kreuzspinne – Nocturne – Serenade und Ballade. Das Schauspiel erzählt die Geschichte des tyrannischen und kriegerischen Königs Christian II. von Dänemark, Norwegen und Schweden und seiner Geliebten Dyveke im 16. Jahrhundert. Das Spinnenlied singt der Hofnarr für den am Ende unterlegenen und gefangen genommenen König in dessen Kerker.

Segerstam dirigiert die Bühnenmusik (von der es eine bekanntere Orchestersuite gibt) mit viel Sinn für das Theatralische und die sich daraus ergebenen starken Stimmungen. Dieses Atmosphärische wird schon in der am Anfang des Programms gespielten, sehr humoristischen Ouvertüre a-Moll deutlich, die ebenfalls sehr charaktervoll klingt. Und so kamen 71 Minuten spannende Sibelius-Musik zustande, die der große Segerstam zum Erlebnis macht.

Leif Segerstam may have his own and sometimes very particular views of Sibelius’s music, yet he never loses sight of what serves the atmosphere of the various pieces. So, again, we admire his gripping conducting on this valuable new production.

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