The Wanderer; Franz Schubert: Wanderer-Fantasie D. 760; Alban Berg: Klaviersonate op. 1; Franz Liszt: Klaviersonate h-Moll; Seong-Jin Cho, Klavier; 1 CD Deutsche Grammophon 4837909; Aufnahme 2019, Veröffentlichung 08/05/2020 - Rezension von Remy Franck
In meiner Rezension von Seong-Jin Chos Debussy-CD hatte ich die Meinung geäußert, seine Interpretationen seien zwar sehr gut gespielt, aber letztlich doch zu konventionell und unpersönlich. Jetzt, in der Sonate von Franz Liszt, tendiert der Koreaner in eine andere Richtung. Sein Spiel ist viel persönlicher, zugleich aber auch manieriert. Dabei sind weder die virtuosen Eskapaden wirklich packend noch ist das Zarte poetisch und bewegend. Alles klingt ziemlich oberflächlich und vom wirklichen Drama der Sonate kann keine Rede sein.
In Schuberts Wanderer-Sonate spielt Cho technisch souverän, aber ohne besonders viel Spannung, so dass es nicht zu der notwendigen, durchgehenden Steigerung der Musik kommt. Was haben doch andere Pianisten in diesem Werk mit ungemein viel Klangphantasie und Engagement für emotionale Höhenflüge erreicht! Bei Cho endet es so belanglos, wie es begonnen hatte.
Ebenso wenig gefällt mir Chos Interpretation der Sonate von Alban Berg. Im Vergleich zur Aufnahme von Hélène Grimaud (ebenfalls bei DG) ist sein Spiel zwar raffiniert, transparent und gut ausbalanciert, aber überhaupt nicht spontan und spannend. Cho betont das Romantische und unterschlägt das Neue, das Revolutionäre der Schreibweise von Alban Berg. Dadurch wird seine rhythmisch gradlinige Interpretation eher langweilig.
In my review of Seong-Jin Cho’s Debussy CD, I said that his interpretations were very well played but ultimately too conventional and impersonal. Now, in the Liszt Sonata, the Korean pianist tends in a different direction. His playing is much more personal, but at the same time mannered. Yet neither are the virtuoso escapades gripping, nor is the tenderness poetic and moving. Everything sounds rather superficial, and he leaves us far from the real drama of this sonata.
In the Wanderer Fantasy, Cho’s playing is technically fine, but without much tension, so that the necessary continuous crescendos of the music does not occur. With a lot of imagination and commitment other pianists have achieved really moving performances. With Cho it ends as insignificant as it had begun.
I do not like Cho’s interpretation of Alban Berg’s Sonata either. Compared to the recording by Hélène Grimaud (also with DG), his playing is refined, transparent and well-balanced, but neither spontaneous nor exciting. Cho emphasizes the romantic side and suppresses the new, the revolutionary aspects of the music. This makes his rhythmically straightforward interpretation aseptic and boring.