Die Erste Symphonie von Jean Sibelius hat viel Charakter und Kraft, bleibt mit viel Wärme der Romantik verbunden, weist aber auch schon deutlich in die symphonische Zukunft des Komponisten. Das bringt der 33-jährige Finne Santtu-Matias Rouvali in einer hoch intensiven Interpretation sehr gut zum Ausdruck.Wenn man diesen Dirigenten beim Dirigieren beobachtet, fällt auf, wie sehr er die Musik mit seinem ganzen Körper fast choreographisch formt. Und das hört man, denn er fördert damit die Bewegung auch in der Musik. Das mag nicht zu jedem Repertoire passen, aber in dieser Ersten Symphonie seines Landmanns Jean Sibelius funktioniert es perfekt.
Dazu muss ich gleich sagen, dass Rouvali keiner jener jungen Dirigenten ist, die mit ‘laut und schnell’ das Publikum beeindrucken wollen. Seine Tempi in der Sibelius-Symphonie sind gewiss nicht auf der schnellen Seite, auch wenn die Intensität der Bewegung das suggerieren könnte.
Gewiss, die Musik vermittelt viel jugendlich Drängendes, Harsches sogar, aber das alles ergibt sich aus einem ständig zu spürenden Atem, der die Musik in eine lange Entwicklungslinie bringt und Lyrismus sowie ausgesprochen schöne und zarte Klänge nicht ausschließt. Rouvali, ein passionierter Jäger und Fischer, der sich selbst als das Gegenteil eines Stadtmenschen, also als Mensch der Natur bezeichnet, hat also mit Sibelius so manches gemeinsam. So wird diese Erste Sibelius zu einem spannenden Erlebnis.
Mit ‘En Saga’, der ersten Tondichtung von Jean Sibelius, beginnt die Auseinandersetzung des Komponisten mit der nordischen Sagenwelt, der Kalevala. Sibelius hat aber auch einmal betont, er habe sich selber in dieses Werk eingebracht wie kaum in ein anderes.
Das alles erklärt die manchmal überraschenden Wendungen der Musik, die Vielfalt der Farben und Rhythmen, die bei Rouvali wunderbar zum Ausdruck kommen, zwischen manchmal mysteriöser oder sogar unheimlicher Kühle, unbeschwerten Tanzrhythmen und menschlicher Wärme.
Das ist alles andere als die durchgehend kühle Lesart, mit der einige Dirigenten an dieses Werk herangegangen sind. Rouvali vereint das Epos mit dem Leben des Komponisten, der, als er ‘En Saga’ komponierte, nach eigenen Worten eine Reihe schmerzlicher Erfahrungen gemacht hatte und daher das Werk auch als Seelen- und Geisteszustand bezeichnete. Als er ‘En Saga’ schrieb, verbrachte er viel Zeit in Restaurants und Bars und mutete seinem Köper mehr Alkohol und Tabak zu, als gut war. Rouvali übersetzt das mit Unruhe und Emotionen und zeigt damit, dass die Musik mehr ist als ein Bild weiter Schneelandschaften.