Sofort, wenn Sir Simon am Anfang der ‘Frühlingssymphonie’ ins Kontemplative verfällt und seine Philharmoniker die Einleitung herzerweichend singen lässt, weiß man, dass sein Schumann nichts Alltägliches sein kann. An anderen Stellen ist diese Erste Symphonie jedoch recht quirlig und detailreich. Immer wieder überrascht der Dirigent in einem durchgehend sehr federnden und luftig-schlanken Spiel mit ungewohnten Akzenten. Ein weiteres Merkmal der Interpretation ist das entspannte Dirigieren. Antrieb gibt es eher selten, auf Kontraste ist Rattle nicht aus und Klangfarben scheinen ihm relativ egal zu sein. Aber auch ohne Spannung ist es spannend, was wir hier hören, weil neben den Hauptthemen auch Nebenstimmen wichtig werden, weil dieser Schumann locker sprudelt wie Champagner. Den Charme und die Sinnlichkeit des Edelgetränks hat er auch.
Spannend finde ich auch die ungemein bewegungsreiche und flüssige Vierte Symphonie (Fassung von 1841), deren erster Satz geradezu Flügel bekommt und in einer schon fast aufregenden Weise transparent ist. Es ist fast unglaublich, welche Fülle an Details man da zu hören bekommt. Dasselbe gilt für die Zweite Symphonie, die sogar noch etwas blumiger wirkt, was ihrem lyrischen Charakter durchaus entspricht. Der dritte Satz, das Adagio Espressivo, ist sehr gefühlvoll.
Die Dritte, die Rheinische hat man vitaler und dynamischer gehört, aber Rattles im besten Sinne musikantische und letztlich durch und durch ‘schumanneske’ Version hat auch etwas Gewinnendes. Rattle kümmert sich in erster Linie um die Leichtigkeit der Musik, damit ihr fröhlich-beglückender Charakter sich voll entfalten kann.
Unter dem Strich mögen Rattles Schumann-Aufnahmen nicht die Begeisterung hervorrufen wie jene von Paavo Järvi, aber interessant sind sie allemal!
So viel zur Musik. Doch es gibt mehr zu sagen zu dieser ersten Veröffentlichung auf dem neuen Label ‘Berliner Philharmoniker’. Da ist erst einmal die aufwändige Präsentation in einem luxuriösen, leinengebundenen Schuber, der im Format die DIN-A5-Maße übersteigt und daher nicht ins CD-Regal passt.
Die Box enthält 2 CDs mit den Symphonien 1 und 4 sowie 2 und 3 in PCM Stereo (räumlich, aber nicht besonders brillant im Klangbild) sowie eine Blu-ray mit dem ‘Pure Audio’ entweder in PCM Stereo oder in Surround, beide 24-bit/96 kHz (sehr gute Klangqualität, besonders im sehr natürlichen, aber fülligen Surround-Ton). Daneben enthält diese Blu-ray aber auch noch die Videoversion der vier Symphonien sowie ein Interview mit Sir Simon Rattle. Die Veröffentlichung, – und das war ja dem Vernehmen nach auch das Ziel – wird bewusst als Luxusprodukt angeboten, weil es ja auch Luxus sein soll.
In a deluxe box with PCM Stereo CDs, Pure Audio Surround and Video as well on Blu-ray, the new label Berliner Philharmoniker presents a musically interesting, very transparent, flexible agile and fluid Schumann.