Dass die Zweite Symphonie von Brahms nicht unbedingt pastoral klingen muss und auch andersrum spannend werden kann, haben einige Dirigenten überzeugend gezeigt. Doch ich stelle immer wieder fest, dass dies für mich nur Alternativen sind und meine Basiskost eine andere ist. Mit Blomstedt bin ich da schon glücklicher. Oder noch eher jetzt mit Jakub Hrusa. Bei ihm ist der Beginn des ersten Satz von direkt magischer Sinnlichkeit. So zartfühlend, so lieblich und transzendent hat man das noch nicht gehört. Und auch wenn der Satz manchmal kräftiger wird, oder der eine oder andere Seufzer sich manifestiert, kehrt dieses Glücksgefühl von ruhigem Schwärmen in einem idealen Schwebezustand immer wieder zurück.
Der Sinnlichkeit des Melos bleibt Hrusa auch im Adagio nichts schuldig, weder dort, wo die Musik etwas düsterer wird noch in den ruhigen, wunderbar weichen, sahnigen Passagen. Der Kontrast zwischen den flauschigen Beginn und dem federleicht punktierten Rhythmus des 2. Teils ist wunderbar gelungen.
Der letzte Satz fließt schwungvoll und in wunderbaren Farben, immer wieder Kraft in der Ruhe findend. Hrusa gelingt ein Musterbeispiel an optimaler Steigerung der Musik.
Dvoraks Siebte Symphonie entstand zu einer Zeit, als viele ihm rieten, sich in Wien niederzulassen, also dort, wo die Machthaber Tschechiens zu der Zeit lebten. Doch Dvorak war Tscheche durch und durch, und in seiner böhmischen Seele bildete sich eine Revolte, die in der Siebten Symphonie spürbar wird, die er im Auftrag der Londoner Philharmonischen Gesellschaft schrieb. Seine Symphonie wollte er allerdings großartig werden lassen. Es sollte eine Komposition werden, « die fähig ist, die Welt aufzurütteln, und Gott möge es gewähren, dass sie es tut! » Er wollte sich nicht von Wien vereinnahmen lassen und glaubte, in London einen Erfolg zu landen, von dem die gesamte tschechische Nation profitieren würde, weil die Österreicher dann begreifen müssten, dass auch Tschechien keine minderwertigen Künstler hervorbrachte.
Diese innere Revolte und der Wille zu Großartigkeit prägt die Siebte Symphonie, in der Jakub Hrusa zeigt, dass diese Musik mehr ist als ein brillantes Orchesterstück und auch eine tiefere Bedeutung hat.
Schon die ersten Minnten des ersten Satzes zeigen, aus welcher Seele diese Musik herkommt, wie sich die Gefühle von gekränkter Persönlichkeit mit denen der angestrebten Großartigkeit mischen. Und so erleben wir eine Musik von großer Ausdrucksintensität, voller Spannung und innerer Bewegtheit, eine Musik, die geprägt ist von Sensibilität und Leidenschaftlichkeit. Das Adagio schwankt zwischen berührendem Lyrismus und düsteren Momenten, die den Satz fast bedrohlich werden lassen. In Hrusas fein differenzierter Interpretation stellt der letzte Satz mit seiner rhythmischen Unruhe mehr Fragen als er Antworten liefert. Hrusa schafft es zudem, über alle vier Sätze hinweg einen großen Bogen zu spannen; die hinreißend musizierenden Bamberger Symphoniker führt er mit Schwung und Glanz durch das Werk, dessen Wichtigkeit, dessen Größe sich einem erst durch diese Interpretation so richtig einprägen.
That Brahms’ Second Symphony does not necessarily have to sound pastoral and can also be exciting the other way around has been convincingly demonstrated by several conductors. But I realize again and again that these are only alternatives for me and that my basic diet is different. I am happier with Blomstedt. Or even more so now with Jakub Hrusa. With him the beginning of the first movement is of directly magical sensuality. One has never heard it so tenderly, so sweetly and transcendently. And even if the movement sometimes becomes stronger, or the one or other sigh manifests itself, this happy feeling of calm bliss in an ideal state of suspension returns again and again.
Hrusa owes nothing to the sensuality of the melos in the Adagio, either where the music becomes a bit more somber or in the quiet, wonderfully soft, creamy passages. The contrast between the fluffy opening and the feathery dotted rhythm of the 2nd part is wonderfully well done.
The last movement flows sweepingly and in wonderful colors, always finding strength in tranquility. Hrusa succeeds in a model of a carefully planned crescendo.
Dvorak’s Seventh Symphony was written at a time when many were advising him to settle in Vienna, where the rulers of the Czech Republic were living at the time. But Dvorak was Czech through and through, and a revolt was forming in his Bohemian soul that is palpable in the Seventh Symphony, which he wrote on commission from the London Philharmonic Society. He wanted his symphony to be great, however. It was to be a composition « capable of shaking up the world, and God grant that it may! » He did not want to be taken over by Vienna and believed he would land a success in London from which the entire Czech nation would benefit, because the Austrians would then have to understand that the Czech country did not produce inferior artists.
This inner revolt and the will to greatness characterize the Seventh Symphony, in which Jakub Hrusa shows that this music is more than a brilliant orchestral piece and has a deeper meaning.
Already the first minutes of the first movement show from which soul this music comes, how the feelings of aggrieved personality mix with those of the aspired grandeur. And so we experience a music of great expressive intensity, full of tension and inner turmoil, a music marked by sensitivity and passion. The Adagio vacillates between touching lyricism and somber moments that make the movement almost threatening. In Hrusa’s finely differentiated interpretation, the last movement with its rhythmic restlessness asks more questions than it answers. Hrusa also manages to create a great arc across all four movements; he leads the ravishingly musical Bamberg Symphony Orchestra with verve and brilliance through the work, whose importance, whose grandeur becomes particularly impressing through this interpretation.