Haydn selber adaptierte sein in mehreren Fassungen vorliegendes Werk ‘Die sieben letzten Worte des Erlösers’ am Kreuze später für Streichquartett. Wegen der Intensität der Musik ist der Text entbehrlich. Dominique Vellard hingegen wollte diesen Texte dann doch hörbar machen und hat ihn für eine klein besetzte Sängergemeinschaft selber vertont, um die Worte als Einführung in Haydns Werk setzen zu können. Diese Komposition ist, wie alle Betätigungen von Vellard, stark von der Alten Musik beeinflusst, geht aber auch darüber hinaus.
Das Ensemble Gilles Binchois, dessen Gründer Vellard 1979 war, und das Quatuor Debussy haben nun zusammen diese beiden Werke in der Krypta von Lagorce miteinander verwoben eingespielt, so dass die Vorworte von Vellard jeweils der Musik von Haydn vorangehen.
Die Intensität dieser Musik, die den letzten Todeskampf Christi zum Ausdruck bringt, und vermutlich die Atmosphäre des Aufnahmeortes haben die Musiker, sowohl die Instrumentalisten als auch die Sänger, zu einem zurückgenommenen Musizieren inspiriert. Das deckt sich mit meinen eigene Vorstellungen und Hörerfahrungen, die ich insbesondere mit der Komposition von Haydn verbinde. Das führt beim Quatuor Debussy zu einem feinen entspannten Ausdruck, der die Musik fließen lässt. Auch die Sänger vom Ensemble Gilles Binchois entfalten ihre Stimmen mit einem sensibel zurückhaltenden Duktus in den Passagen von Vellard und gerieren damit eine an die Gregorianik angelehnte Stimmung, die aber auch neue Klangideen hören lässt. Die durchsichtige und ausgeglichene des Gesangs gibt den Werken einen schwebenden Charakter.
Diese gegenseitige Beeinflussung von Streichern, Sängern und vielleicht auch der Spiritualität des Einspielungsortes wirken aber andererseits so auf die Darstellung, dass mehr die Vorsicht und Zurückgenommenheit, die in den sieben langsamen Sätzen angelegt sind, zu Gehör kommen als die Intensität und Verzweiflung, die eben auch in der Musik enthalten sind. Das Debussy Quartett spielt ganz phänomenal und mit allen guten Zutaten aus dreißig Jahren gemeinsamer Erfahrung. Aber die Interpretation bleibt bloss nett, sie wird nicht intensiv und bedrückend.
Auch bei der Komposition von Dominique Vellard wird der schöne Schein gewahrt, der sich nicht durch übertrieben deutliche Artikulation ins Deklamatorische bewegt. Die Mitglieder des Ensembles Gilles Binchois agieren sensibel und sicher in der Musik ihres Dirigenten, aber Spannung oder auch nur mehrere Ebenen der Gestaltung sucht das Ohr vergebens.
Haydn himself adapted ‘The Seven Last Words of the Savior on the Cross’ for string quartet. Because of the intensity of the music, the text is dispensable. Dominique Vellard, however, wanted to make this text audible and set it to music himself for a small group of singers in order to be able to place the words as an introduction to Haydn’s work. This composition is, like all of Vellard’s activities, strongly influenced by early music, but also goes beyond it.
The Ensemble Gilles Binchois, of which Vellard was the founder in 1979, and the Quatuor Debussy have now recorded together these two works interwoven in the crypt of Lagorce, so that the prefaces by Vellard precede the music of Haydn in each case.
The intensity of this music, which expresses Christ’s final agony, and probably the atmosphere of the recording venue inspired the musicians, both instrumentalists and singers, to make music in a more restrained manner. This coincides with my own ideas and listening experiences, which I associate in particular with Haydn’s composition. In the Quatuor Debussy, this leads to a fine, relaxed expression that allows the music to flow. The singers of the Ensemble Gilles Binchois sing with a sensitively restrained ductus in the passages of Vellard, thus concocting a mood reminiscent of Gregorian chant, but also allowing us to hear new ideas of sound. The transparent and balanced nature of the singing gives the works a floating character.
This mutual influence of strings, singers and perhaps also the spirituality of the recording venue, on the other hand, have such an effect on the performance that more of the caution and restraint inherent in the seven slow movements can be heard, as well as the intensity and despair that is also inherent in the music. The Debussy Quartet plays quite phenomenally and with all the good ingredients of thirty years of collective experience. But the interpretation remains just nice, it does not become intense and oppressive.
Even in the composition by Dominique Vellard, the nice appearance is preserved, which does not move into the declamatory by overly clear articulation. The members of the Gilles Binchois ensemble act sensitively and confidently in their conductor’s music, but tension or even several levels of shaping are sought by the ear in vain.