Der Fluss der Melodie und höchste Transparenz des musikalischen Geschehens waren oberste Gebote für Vladimir Sofronitzky, den Emil Gilels den größten Klavierspieler der Welt nannte und von dem der berühmte Heinrich Neuhaus sagte: « Er spielt wie ein Gott und sieht aus wie ein Gott ». Sehen wir uns diese beiden Statements genau an: Gilels spricht vom Klavierspieler nicht vom Pianisten. Bewusst oder unbewusst? Und Neuhaus spricht vom Gott. Gott, ist das Macht? Mächtigkeit? Denn Sofronitzkys Spiel ist mächtig. Es ist gewaltig. Es ist dramatisch und sonor. Das ist der Individualismus von Sofronitzky: Seine Gefühle sind die der Souveränität, der Kontrolle. Poesie und Zärtlichkeit sind nicht seine Sache. Und so beeindrucken mich die Aufnahmen dieser Edition mehr als, dass sie mich berühren. Wer sich allerdings an vollendeter Klaviertechnik berauschen kann, wird hiermit glücklich werden.
Neben den Etüden, Mazurken, Präludien, Impromptus, Nocturnes und Poèmes ist in dieser Box die legendäre Fast-Gesamtaufnahme der Klaviersonaten mit Vladimir Sofronitzky enthalten. Lediglich die ersten drei Sätze der 1. Sonate und die 9. Sonate, die der Pianist aus Respekt vor Scriabin nie eingespielt hat, fehlen und werden durch Einspielungen anderer Pianisten ersetzt. Sofronitzkys Interpretationen sind phänomenal: er meißelt förmlich die Musik zu Skulpturen, unerbittlich, akzentreich und doch oft sehr verhalten und um Nuancen bemüht. Trotzdem ist es das enorm kraftvolle Spiel, das dominiert und den Hörer in seinen Bann schlägt, und das bei allen Nachteilen der Aufnahmequalität mit ihrem allzu metallischen Klang.
The flow of melody and the highest transparency of musical events were top priorities for Vladimir Sofronitzky, whom Emil Gilels called the greatest piano player in the world and of whom the famous Heinrich Neuhaus said, « He plays like a god and looks like a god. » Let’s look closely at these two statements: Gilels speaks of the piano player not of the pianist. Consciously or unconsciously? And Neuhaus speaks of the god. God, is that power? Mightiness? Because Sofronitzky’s playing is powerful. It is dramatic and sonorous. This is Sofronitzky’s individualism: his feelings are those of sovereignty, of control. Poetry and tenderness are not his thing. And so the recordings of this edition impress me more than they touch me. However, those who are intoxicated by consummate piano technique will be happy with this.
In addition to the Etudes, Mazurkas, Preludes, Impromptus, Nocturnes and Poèmes, this box includes the legendary near-complete recording of the piano sonatas with Vladimir Sofronitzky. Only the first three movements of the 1st Sonata and the 9th Sonata, which the pianist never recorded out of respect for Scriabin, are missing and replaced by recordings by other pianists. Sofronitzky’s interpretations are phenomenal: he literally chisels the music into sculptures, relentless, accented, yet often very restrained and labored for nuance. Nevertheless, it is the enormously powerful playing that dominates and captivates the listener, despite all the drawbacks of the recording quality with its overly metallic sound.