Albéric Magnard (1865-1914), Sohn des Herausgebers der französischen Tageszeitung Le Figaro, hatte seine Mutter in sehr jungen Jahren durch Selbstmord verloren und wird n der Literatur als ein schweigsamer, sehr ernster, wenn nicht gar menschenfeindlicher Mann vorgestellt. Als Schüler von Vincent d’Indy komponierte er eine Musik deutscher Farbe. Ironie des Schicksals: er sollte 1914 von den Deutschen erschossen werden, als er sein Haus Manoir de Fontaines in Baron (Oise) gegen die deutschen Truppen verteidigte.
Fabrice Bollon beendet nun seinen Freiburger Magnard-Zyklus mit den Symphonien Nr. 1 und 2 und reüssiert darin weitaus besser als in den Nummern 2 & 4 (Pizzicato-Rezension).
Die Symphonie c-Moll op. 4 ist die erste von vier Symphonien von Albéric Magnard. Sie wurde geschrieben, als der Komponist 24 Jahre alt war und noch bei Vincent d’Indy, dem Widmungsträger des Werkes, studierte. In den vier Sätzen benutzt Magnard das zyklische Prinzip, das von d’Indy inspiriert ist.
Auffällig in Fabrice Bollons Interpretation ist, wie wenig effekthascherisch er vorgeht. Nicht das Strepitoso, das Lautstarke, interessiert ihn im ersten Satz, sondern das Gefühlsvolle im zweiten Teil des Satzes und die nie überzogen dargestellten Kontraste. Auch im zweiten Satz setzt er auf Stimmungsvielfalt, auf Fragen und Antworten, wobei manches ungeklärt und mysteriös bleibt (und klingt).
Das Presto wird hier zu einer jähen Jagd durch die Nacht, effektvoller wohl aber nicht tiefgründiger, als es Mahler hätte schreiben können. Der Finalsatz wird von Bollon und seinen Freiburger Musikern beeindruckend energisch und vital gestaltet.
In der zweiten Symphonie, 1896 von Guy Ropartz in Nancy uraufgeführt, erlebt man einen deutlich reiferen Magnard, der seine Rhetorik gestrafft hat. Nach der lebhaften ‘Ouvertüre’ folgt ein ausgelassener Tanzsatz. Den dritten Satz hat Magnard ‘Chant varié: Très nuancé’ betitelt. Es ist ein Satz, an dem sich später Richard Strauss hätte inspirieren können. Das Werk endet in einer unbeschwerten Stimmung: Vif et gai. Auch diese Symphonie wird vom Philharmonischen Orchester Freiburg unter Fabrice Bollon sehr gut dargeboten.