Zu Lebzeiten von Berlioz wurde seine opernhaftes Oratorium Fausts Verdammnis in Paris abgelehnt und ansonsten europaweit gefeiert. Diese Szenen aus Goethes Faust mit freien Ergänzungen durch den Komponisten, so die anfängliche Verortung in der ungarischen Puszta und der Höllenritt von Faust am Schluss, werden auch hier konzertant aufgeführt, was auch von Berlioz so gedacht war. Insofern ist das Titelbild der Hülle mit einem Teufel im roten Kostüm irreführend.
Im relativ kleinen Saal der Oper von Schloss Versailles, zumal durch die Bühnendekoration des Marmorsaals weiter beengt, hat das vielköpfige Ensemble aus Chor und Orchester Platz gefunden.
Mit Langsamkeit des Tempos auf die Langeweile und Perspektivlosigkeit von Faust hinzuweisen, erscheint sinnvoll. Aber auch anschließend bleibt die Musik zäh und wird erst gegen Ende des Werkes lebhafter, der Höllenritt ist wirklich teuflisch schrill. Die Bogenführung erscheint zunächst bewusst gedehnt, auch die Bläser bleiben bedeckt. Eigentlich hätte man bei François-Xavier Roth mehr Leben erwartet. Wurden da vorauseilend die Raumabmessungen bedacht oder wollte Roth eine Abgrenzung zu Wagner? Immerhin wird so die Feinheit der Orchestrierung deutlich, besonders beim Ballett der Sylphiden, das sehr fein gespielt wird.
Leider ist der Marguerite Louise Chor von der gleichen Art. Er bietet schöne Farben, aber es fehlt an Klarheit in der Aussprache und mitunter auch an Wirkung. Weder Chor noch Orchester zeigen offensichtliche Fehler, aber man vermisst die die Leidenschaft.
Der Mephisto von Nicolas Courjals ist im Text verständlich, mit leisem Klang und Konzentration serviert er seine Rolle. Bei mehr Varianz in der Sprache hätte man den giftigen Dandy erlebt und nicht nur einen salonfähigen Dämon.
Der extreme Fokus der Stimme von Mathias Vidal erlaubt es ihm, sich in lyrisch oder in sehr französischen Werken hervorzuheben. Aber die Gespaltenheit des Faust wird, abgesehen von großer Verständlichkeit nicht mit dunkler und romantischer deutscher Art gegeben. Mit einer so offenen Stimme werden die launische Ungeduld und die amourösen Liebesausbrüche des Wissenschaftlers selten mit Agilität dargestellt.
Anna Caterina Antonacci gelingt es, die dunkle Fieberhaftigkeit des Mädchens Marguerite so empfindlich zu gestalten. Sie agiert sprachverständlich und zeigt Vertiefung in die Rolle. Ihr Vibrato ist präsent und gewinnt leider an Weite und Vokale werden gelegentlich hochgezogen. Sie geben seinem Charakter eine wunderbare Erleichterung. Sie ist die Einzige, die ohne Partitur singt. Sie verführt mit Worten und mit Lächeln. Ihre Marguerite hat in der stimmlichen Opulenz verloren, was sie an Suggestionskraft gewonnen hat.
Thibault de Damas de Anlezy singt den Brander maßvoll, was bei einigen Maß im Leipziger Keller maßloser hätte sein sollen.
Sicher, für so ein komplexes Werk ist es eine runde Aufführung, aber das gewisse Extra fehlt.