Nach einer zweieinhalb Jahre dauernden Renovierung wurde gestern Abend in Paris das Théâtre du Châtelet wiedereröffnet. Nur 31,5 Millionen Euro wurden investiert, wovon über 5 Millionen von Mäzenen übernommen wurden. Budget und Zeitplan wurden eingehalten. Remy Franck war bei den Einweihungsfeierlichkeiten dabei.
Das Théâtre du Châtelet ist im Besitz der Stadt Paris, und die jetzt abgeschlossene Renovierung war die umfangreichste seit dem Bau des Theaters im Jahre 1862.
Das Theater wurde, was das Aussehen anbelangt, exakt so wiederhergestellt wie es der Architekt Gabriel Davioud in den 1860-er Jahren geplant hatte. Malereien, Vergoldungen und Glaskuppel des großen Saals wurden originalgetreu restauriert. Dasselbe gilt für Eingangshalle und die Foyers, die allerdings für Leute mit eingeschränkter Mobilität zugänglich gemacht wurden. Sämtliche Sicherheitsmaßnahmen wurden den letzten Standards angepasst, die Klimaanlage und die Bühnentechnik wurden vollkommen erneuert und den neuesten umweltfreundlichen Regeln angepasst. Das Gebäude wurde auch von jeglichem Blei und Asbest gesäubert.
Das Resultat kann sich sehen lassen. So schön und so einladend wie heute war das Gebäude noch nie.
Das Théâtre du Châtelet war je nach seinen Intendanten verschiedenen Schwerpunkten gewidmet: Mal mehr Ballett – die erste Saison von Diaghilevs Ballets Russes fand hier statt, mit den Uraufführungen von Petrouchka, L’Après-midi d’un faune et Daphnis et Chloé -, mal mehr Variété-Theater oder Operette (mit Namen wie Fernandel, Georges Guétary, Luis Mariano oder Tino Rossi…), mal mehr Oper, so unter Stéphane Lissner (1988 à 1999) mit u.a. dem Robert Wilson-Christoph Eschenbach-Ring, und Jean-Pierre Brossmann mit Les Troyens von Berlioz und den genialen Minkowski-Pelly-Offenbach-Produktionen.
Unter Jean-Luc Choplin wurde das Angebot etwas mehr auf das amerikanische Musical zentriert, während das nun amtierende Team mit der Britin Ruth Mackenzie und dem Franzosen Thomas Lauriot-dit-Prévost das Angebot vielseitiger und attraktiver auch für ein junges Publikum gestalten will, indem auch Jugendliche in den Kreativprozess miteinbezogen werden. Theater, Oper, Oratorium, Ballett, Musical…es ist wohl für jeden Geschmack etwas vorhanden in diesem Programm, dessen Richtlinien auch bei der Einweihung zu bemerken waren.
Die Einweihungsfeierlichkeiten begannen mit einer Parade. Angeführt von der skurrilen Cocteau-Maschine bestand sie aus einer Gruppe von Maputo-Künstlern und ihren gigantischen Marionetten aus Mozambik. Begleitet von Dutzenden von Amateur-Percussionisten zogen sie vom Rathaus bis zum Théâtre du Châtelet, wo die riesigen Marionetten auch am Abend auf der Bühne zu sehen waren.
Das Multi-Kulti-Spektakel begann allerdings mit Erik Saties Ballett Parade, noch während das Publikum in den Saal kam. Das ging dann völlig daneben, denn die Musik, gespielt vom Ensemble InterContemporain unter Matthias Pintscher ging im Geschnatter des Publikums unter, das heilfroh war, trotz Bus- und Metro-Streik den Weg ins Châtelet gefunden zu haben.
Der Rest des Abends war eine mehr als gelungene und spektakuläre Verbindung von Akrobatik, Ballett und Musik.
Akrobaten der Truppe von Stéphane Ricordel vollführten waghalsige Akrobatik zur faszinierenden Musik des ukrainischen Ensembles DakhaBrakha, ehe die Choreographin Elizabeth Streb in drei Stücken, Pipe Dreams, Small Rise und Landcape, zu einer hier vom Ensemble Intercontemporain uraufgeführten Musik von Pierre-Yves Macé, Action-Choreographie darboten, die die Beweglichkeit und das Fliegen des menschlichen Körpers in stupenden und faszinierenden Bilden zeigte.
Der Abend endete mit einem Empfang auf dem Platz vor dem Theater, der nicht von einem der großen Pariser Traiteurs ausgerichtet wurde, sondern von den Schülern einer Pariser Hotelschule. Die Idee der neuen Theater-Intendanz, die Bevölkerung mit einzubeziehen, scheint sich auf allen Ebenen durchzusetzen. Chapeau!