Aus ihrer griechischen Abstammung schöpft Calliope Tsoupaki Kraft für ihre Kompositionen. Ein anderer Quell ist das Mittelalter. Heute lebt sie in den Niederlanden. Ihr Werk ‘Tryptichon’ nahm seinen Anfang 2005 und wurde dann durch Hinzufügung des dritten Satzes 2013 komplettiert. Es ist für Streichquartett geschrieben, wobei im mittleren Teil die Klarinette hinzutritt. Während die beiden ersten Sätze einen jenseitigen Charakter haben, ist der letzte Part irdischer, von der Komponistin als heidnisch beschreiben. Er stellt eine Reihung kurzer Stücke dar, so dass die Erschafferin davon befreit war, ein Meisterwerk an Quartettliteratur zu erschaffen. Der Satz ist so frei gestaltet, dass er beim Spiel als improvisiert erscheint.
Die drei Sätze haben als verbindendes Element hinter der Musik das Licht bzw. die Metapher davon im geistigen Sinne. Den Anfang macht ‘Mercurius’, der wegen seiner Nähe zur Sonne nur zu den Randzeiten der Nacht als Abend- bzw. Morgenstern zu sehen ist. Er steht für unerreichbares Verlangen. Der mittlere Satz ‘Lychnos’ ist dagegen wie das nahe Licht einer Laterne, das einen leitet. Eine Zeile aus den Psalmen Davids, ‘Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege’, und der Gedanke, Engel darzustellen, stehen hinter dem Satz. ‘Eothniòn’ schließlich ist ein orthodoxes Morgengebet, das kurz vor Sonnenaufgang gesprochen wird und die Auferstehung Jesu symbolisiert. Der Tag beginnt erst und alles ist noch möglich.
Die Stücke zeichnen sich durch eine Vielzahl von Streicherglissandi und andere gleitende Töne aus. Höhepunkte werden keine angestrebt. Tsoupaki legt es darauf an, ihr Material von allen Seiten zu betrachten und zu entwickeln. Das führt zwar nicht zu minimalistischen Auswüchsen, aber zu relativ gleichmäßigen Klangstrukturen.
Das ‘DoelenKwartet’, benannt nach dem Konzerthaus ‘De Doelen’ in Rotterdam, pflegt hauptsächlich das zeitgenössische Repertoire und ist damit auch ein guter Sachverwalter für dieses Triptychon. Ihnen gelingt eine einnehmende Interpretation. Im mittleren Teil gesellt sich der Klarinettist Arjan Woudenberg hinzu, der mit makellosem Siel der Komposition eine weitere Komponente hinzufügt und so die Einheitlichkeit des Klangs auffrischt.