Das muss ich Gustavo Dudamel hoch anrechnen: Er macht aus Verdis Requiem kein Showstück, sondern gibt dem liturgischen Chorwerk eine Dimension, die sowohl der Dramatik der Musik als auch der spirituellen Seite gerecht wird. Sogar der emotionale Charakter der Komposition kommt, außer wenn Grigolo singt, mit erstaunlicher Justesse zum Ausdruck – und das ist richtig, wenn man bedenkt, dass Verdis Requiem zunächst ein Requiem für die Hinterbliebenen ist. Read More →
Eigentlich wollte ich mir diesen ‘Colón Ring’ gar nicht ansehen. Es hätte mir viel Ärger erspart. Ich tat es dennoch, weil ein Rezensent ja auch eine Verantwortung gegenüber seinen Lesern hat und Hilfestellung leisten soll in einem immer breiteren Angebot an Tonträgern. Hier also mein Leidensbericht.
Das DVD-Set besteht aus einem Dokumentarfilm über die Produktion und den gekürzten Fassungen – oder soll ich gleich sagen: den amputierten Fassungen – der vier Teile des Wagnerschen ‘Rings’.
Wir hatten darüber berichtet: Katharina Wagner sollte diesen ‘Colón Ring’, so genannt, weil er am ‘Teatro Colón’ in Buenos Aires aufgeführt wurde, inszenieren. Doch die Wagner-Urenkelin kam, sah und … reiste sofort wieder ab. Read More →
Verdis Oper ‘Luisa Miller’ wurde am 8. Dezember 1849 im ‘Teatro San Carlo’ in Neapel uraufgeführt. Das Libretto stammt von Salvatore Cammarano, nach ‘Kabale und Liebe’ von Friedrich Schiller. Cammarano musste Schillers Trauerspiel nicht nur in ein operntaugliches Libretto umarbeiten, sondern auch Wünsche der Zensur berücksichtigen, wodurch Schillers Sozialkritik eliminiert und der Stoff ein pures Familiendrama wurde. Read More →
Richard Wagner: Die Walküre; Nina Stemme (Brünnhilde), John Tomlinson (Hunding), Waltraud Meier (Sieglinde), Simon O'Neill (Siegmund), Ekaterina Gubanova (Fricka), La Scala Orchestra, Daniel Barenboim; Inszenierung: Guy Cassiers; 1 Blu-ray Arthaus 108091; Bild HD 16:9; Surround & Stereo; Live 12/10 (238') – Rezension von Remy Franck
So manche Schlussfolgerungen kann man nach den beiden ersten Abenden dieses Mailänder ‘Ring des Nibelungen’ ziehen. Zunächst die, dass der Ring 2010 in Mailand besser besetzt wurde als es anderen Opernhäusern gelang. Was in beiden Livemitschnitten musikalisch herüberkommt, ist mit wenigen Einschränkungen grandioser Wagner.Eine andere Feststellung drängt sich auf: Wenn ein Regisseur die Grundrichtung nicht in Frage stellt und seine Modernität mit allerlei Schnickschnack manifestiert, die man angesichts der musikalischen Leitung akzeptieren kann, dann soll es halt so sein. Visuell ruft Guy Cassiers Inszenierung den ‘Fura dels Baus’-Ring aus Valencia in Erinnerung, ohne dessen Konsequenz in der Durchführung und ohne dessen Fantasie in der Ausstattung. Read More →
Tito Gobbi ist in der Sängergeschichte ein Sonderfall. Er gehörte zu den ganz Großen, und doch hatte er eigentlich die Stimme nicht, um zu ihnen gezählt zu werden. Sein Timbre war oft matt, sein Volumen nicht besonders gross, seine Höhe begrenzt. Aber er kompensierte das effektvoll mit einer Darstellung, die, was ihre Nuancierungskraft und ihre vokale Gestik anbelangt, fast einmalig waren. Dennoch und anders als Callas, welche die Rollen lebte, die, wenn sie sang, genau die Figur war, die sie darstellen sollte, blieb Gobbi visuell immer ein Schauspieler. Stimmlich ist das ganz anders, da lebt er sich hundertprozentig ein und vermenschlicht die Rollen total. Read More →
Über den Dirigenten Sergiu Celibidache wurden in den vergangenen Jahren etliche Dokumentationen veröffentlicht, die zusätzlich zu den Tonaufnahmen, die posthum, als er sich nicht mehr dagegen wehren konnte, auf den Markt kamen, und alle waren sie nur Puzzleteile, die kein Gesamtbild ergaben. Ein Puzzleteil, ein wichtiges wohl, ist auch der Film ‘Feuerkopf und Philosoph’ von Norbert Busé. Er liefert zwar eine Menge Information, auch über den Privatmenschen Celibidache, aber wesentliche Fragen bleiben dennoch immer noch unbeantwortet, so jene, wie der junge Dirigent so kurz nach dem Ende seiner Studienzeit in Berlin die Berliner Philharmoniker dirigieren konnte. Im Film heißt es: « Die Berliner Philharmoniker wurden auf ihn aufmerksam ». Wie, das wird nicht erläutert. Read More →
Bruckner gehört zu den Komponisten, mit denen sich Daniel Barenboim schon lange auseinandersetzt, und wenn sein erster Zyklus, vor 30 Jahren mit dem ‘Chicago Symphony Orchestra’ aufgenommen, noch nicht jene Souveränität hatte, die seine heutigen Interpretationen prägt, so war damals im Kern vieles von dem enthalten, was man heute hört: ein optimal strukturierter, ständig pulsierender Bruckner, aus gesamtarchitektonischem Denken heraus erwachsend und nicht bloß aus Einzelteilen zusammengesetzt. Auch wenn Barenboim den Keller baut, denkt er schon ans Dach und er macht das so engagiert und tiefschürfend, dass auch der emotionale Gehalt der Musik nicht zu kurz kommt. Seine Tempi sind zupackend, aber immer noch im Bereich der Normalität, sodass sie die Kraft der Sonorität und die Spannung der Musik nie in Gefahr bringen. Read More →
Wer einen etwas scharfen Monoklang und ein nicht eben hoch aufgelöstes Farbbild in Kauf nimmt, wird reich entschädigt. Günther Rennert inszeniert Wolfgang Amadeus Mozarts Singspiel ‘Die Entführung aus dem Serail’ so wie es das Libretto vorgibt, in sensibler, liebevoll-humorvoller Art. Keine Hintergedanken gibt es, kein Symbolgesuche, sondern nur unbeschwerte Unterhaltung in dem stilisierten, pastellfarbenen Orient-Ambiente von Filippo Sanjust. Read More →
Dieser Mitschnitt eines Allerheiligenkonzerts des Wiener Staatsopernchors zeigt sein Alter mehr im Bild als im Ton, obwohl Nikolaus Harnoncourt das Mozart-Requiem heute auch ganz anders dirigiert als an jenem 1. November 1981, wo die historische Aufführungspraxis alles andere als geläufig war. Daher scheinen auf Anhieb der Staatsopernchor sowie das auf historischen Instrumenten spielende Ensemble ‘Concentus Musicus Wien’ eigentlich so gar nicht zusammen zu passen. Auch die gestandenen Solisten sind alles andere als ‘historisch informiert’. Doch aufs Ganze gesehen funktioniert die Mixtur, und Harnoncourt entschlackt und revitalisiert Mozarts Musik ganz gut. Er verwendet die von Franz Beyer revidierte Süssmayr-Fassung. Read More →
Von Theresienstadt hat man viel gehört und gelesen. Doch so richtig vorstellen, konnte man es sich nicht. Dieses Manko behebt die 60-minütige Dokumentation über das heute noch als Ortschaft in Tschechien funktionierende ehemalige Ghetto-KZ. Interviews mit Überlebenden, sowie Aussagen von Daniel Hope, Anne Sofie von Otter und Christian Gerhaher vervollständigen die einfühlsam gemachte Reportage, die nicht mit dem dicken Hammer operiert, aber auch nichts beschönigt, es sei denn durch die reine Schönheit der Musik an sich. Der Film versteht sich primär nicht als Anklage, aber er will ganz deutlich Mitgefühl erregen. Und das ist ihm auf eine sehr ehrliche Weise gelungen. Read More →