Der Komponist Thorsten Encke stellt sich bei beiden kleinen Stücken, die die Brücken zwischen den Suiten von Bach bieten, Schwarzeis vor, also schnell blasenfrei gefrorenes Eis, dass die Farbe des Untergrunds, also etwa einer Straße oder eines Seeuntergrunds zeigt und deswegen dunkel wirkt. Er verbindet damit auch die Gefahr des Einbrechens, weil er das Eis als dünn und fragil sieht. Die Kompositionen vereinen eine zuvor auf Band eingespielte Musik des ausführenden Musikers, zu der die im Konzertsaal gespielten Teile kommen. Dabei soll die vor Ort gespielte Partie auf die eingespielte reagieren.
Auf dünnen Eis bewegt sich auch jeder Cellist bei den Suiten für Cello von Bach, da er neben den technischen Fragen auch die musikalischen für sich klären muss. Tanja Tetzlaff sucht den persönlichen Weg, frei von historischen Vorbildern und betrachtet die Suiten unverkrampft insbesondere unter dem Aspekt der Tanzsätze. Dabei zeigt sie nicht die Gruppe perfekt eingeübter Turniertänzer, sondern den dörflichen Tanzboden, auf dem viel Leben geboten wird. Da geht es auch mal nachdenklich oder sogar betrübt zu, aber insgesamt wird das Tanzbein geschwungen ordentlich geschwungen und positive Energie ausgestrahlt. Dass auch mal ein Schritt an einer Holzbohle kurz hängenbleibt, macht das ganze menschlich.
Die von Encke eingeschobenen Risse und Schatten klingen vom Wortlaut her bedrohlicher als in der Musik. Vielmehr lehnen sie sich zwanglos bei Bach an, obwohl sie eine völlig andere Welt spiegeln, aber eben auch eine Welt, die wegen ihrer Natürlichkeit auch sehr nah ist. So verschafft uns die Solistin mit ihrem wohlklingenden Instrument aus dem Hause Guadagnini einen sprühenden Hörgenuss mit Bach und Encke, ohne auszurutschen oder einzubrechen.