Interessant an dieser Produktion ist die Sichtweise von Dmitri Tcherniakov auf das Werk, das nicht als mystisches ‘religiöses Fest’ angesehen wird, sondern, von einer düsteren Seite betrachtet, eher beunruhigend wird.
Die herabgekommen aussehenden Ritter leben in Armut und Schande. Schon im ersten Akt wird gezeigt, dass diese einstigen Krieger vergessen haben, ihre Rituale ordensgemäß zu feiern. Sehr symbolisch wirkt ebenfalls die Zeremonie, wo Amfortas’ Wunden zu sehen sind. Aus denen fließt Blut heraus, das sich mit dem heiligem Wasser vermischt. Wohl eine Wandlungszene, die mit einer verschollenen Ehre und dem Glauben der Ritter zu tun hat?
Einen sehr bewegenden Moment gibt es im 3. Akt, wenn Kundry Parsifals Füße mit ihren Haaren wäscht. Sie wird als Opfer ihrer eigenen Gefühle und Lüste dargestellt, und es ist dies ihr erster Kontakt mit einem Mann seit Jahren. Daraus ergibt sich im 3. Akt eine große Leidenschaft zwischen beiden Figuren.
Jedes Detail in der Tcherniakov-Inszenierung hat seine Bedeutung, und man könnte Seiten mit Gedanken dazu füllen. Die Regie wird wohl nicht nach jedermanns Geschmack sein, doch diese neue, düstere Sichtweise zu ‘Parsifal’ ist wegen ihrer Originalität durchaus interessant.
Die Sänger zeigen hohes Niveau. In der Titelrolle ist Andreas Schager eine echte Überraschung. Schauspielerisch zeigt er uns einen Parsifal, der am Anfang jung und etwas unerfahren scheint, bis hin zu einem weisen Ritter in Kriegerkleidung im 3. Akt. Seine frische, jung klingende Stimme ändert sich ebenfalls mit der Handlung hin zum 3. Akt, wo er Parsifals Stimmung düster erklingen lässt. René Pape ist ein herausragender Gurnemanz während Anja Kampe als Kundry darstellerisch und stimmlich fasziniert.
Daniel Baremboim dirigiert spannungsvoll und zupackend, aber die Musik behält dennoch einen sehr gepflegten und runden Klang. Orchester und Chor sind tadellos.