Neulich noch mit den Shakespeare Songs mit einem anderen Pianisten konnte Bostridge überzeugen. Doch es folgt ein herber Rückschlag. Beschäftigt sich Bostridge auch schon lange und intensiv mit Schubert, ist dieser Liedkomponist sogar ein Auslöser seiner musikalischen Laufbahn, so kann man nicht umhin, enttäuscht zu sein. Was ist passiert?
Um das Positive vorweg zu nehmen, sein vorzüglicher, nuancenreicher Klavierpartner Julius Drake liefert beeindruckende und überzeugende Gestaltungen des Klavierparts dieser Liederwelt. Bei ihm wird auch das scheinbar nebensächliche Nachspiel noch ein gewichtiges Zeugnis der Aussage des Komponisten.
Bostridge pflegt eine höchst kultivierte Art des Gesangs. Jede Note wird umhegt und mitunter möchte man bemerken umschmeichelt. Gerade aber dies stört im Verlauf. Man mag denken, es könnte auch an der Technik eines Konzertmitschnitts liegen. Aber das erscheint fraglich.
Die Eigenarten der Darstellung, die man insbesondere im Vergleich seiner beiden Einspielungen des Zyklus ‘Die schöne Müllerin“’ vergleichen kann und die dann jeder nach seinem Gusto beurteilen mag, möchte ich hier nicht weiter kommentieren. Was bei dieser Darbietung wirklich ärgerlich ist, ist die Aussprache. Sein Deutsch ist vielleicht schon besser geworden, als es früher einmal war. Vielleicht haben auch frühere Rezensenten ihn auf eine Bahn gelockt, die wieder in eine andere Richtung falsch ausschlägt. Jedenfalls kann ich beim Hören, manchmal selbst mit dem Text aus dem Beiheft in der Hand, nicht alles verstehen. Im berühmten Erlkönig erreicht er etwa « den … mit Müh und Not“. Und die Abschlusszeile von ‘Meeresstille’ „reget keine …“ verklingt unhörbar. Man könnte hier auch sagen, das passt zum Inhalt des Gedichtes, aber wenn man nichts (Verständliches) mehr hört, dann ist das doch ein wenig über- oder untertrieben. Vielerorts meint man, der Sänger habe die Sprache verwechselt und Französisch gedacht. So lässt er mitunter insbesondere das S bei Silbenenden (fast) weg und verschluckt auch andere Endungen. Oder er umkreist Vokale, so dass man beim A auch ein O vermuten könnte. Textverständlichkeit ist sicher kein Selbstzweck, aber gerade beim Lied fehlt ohne diese etwas Wesentliches. Da sollte uns niemand ein A für ein O vormachen.