Wir schreiben das Jahr 500 vor Christus. In einem Feldlager diskutieren römische Generäle über die Ehre der Frauen. Lucretia, die Gattin des Collatinius, behauptet, als einzige Frau Roms ihrem Ehemann treu zu sein. Der Prinz Tarquinius, Sohn eines etruskischen Tyrannen, will diese Frau auf die Probe stellen, aber trotz seiner Verführungskünste wird er von Lucretia zurückgewiesen. Doch Tarquinius vergewaltigt sie. Collatinius wird von dieser Schändung erfahren, kann aber seine Frau vom Selbstmord nicht zurückhalten.
Benjamin Brittens erste Kammeroper mit einer Instrumentierung für nur 13 Musiker verweist vom Aufbau her auf den Frühbarock. Was der Komponist ein Jahr zuvor, 1945, in ‘Peter Grimes’ in den Farben eines kompletten Orchesters schaffte, reduzierte er hier ganz intimistisch auf nur einige Musiker.
Für die Regisseurin Fiona Shaw spielt die Geschichte in einer konfliktuell agierenden Gesellschaft. Die Bühne ist minimalistisch aufgebaut und soll die Aufmerksamkeit des Zuschauers nur auf die Sänger lenken. Mit Ausnahme der beiden mit Chor bezeichneten Sänger tragen die Sänger historische Kostüme.
Diese Chor-Rollen haben zur Aufgabe, auf der dunklen Bühne einerseits die weiblichen, andererseits die männlichen Seelen der Hauptfiguren zu ‘erzählen’. So werden im Hintergrund die Geschehnisse erläutert.
Die Szene der Vergewaltigung ist, wie erwartet, brutal und damit die dramatischste Stelle der Inszenierung. Danach beschmiert Tarquinius Lucretia mit Schlamm, was kurz darauf die Chorus-Rollen nachahmen. Diese Vergewaltigung und deren Nachahmung mit der Schlammbeschmierung verstehen sich als eine brutale Erniedrigung der Frau durch einen gewalttätigen Mann in seiner ganzen Machtgier und seinem Frust.
Dieses vertonte Psychodrama von Britten lässt sich auf dieser Blu-ray in exzellenten Bildaufnahmen sehr gut verfolgen. Bilder und Musik sind rhythmisch gut aufeinander abgestimmt und verstärken die dramatische Handlung aufs Extreme. Die Sänger sind ausgezeichnet, sei es stimmlich wie auch darstellerisch.
Zusätzlich ist im Booklet ein interessantes Gespräch mit der Regisseurin Fiona Shaw zu lesen. Dieses hilft, Shaws eindringliche Inszenierung im Ganzen zu erfassen.