Er ist ein eher unauffälliger Künstler, ein Musiker, den man im schnelllebigen Musikbetrieb gerne einmal übersieht. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen ist der Pianist Till Fellner nicht so sehr um Aufmerksamkeit bemüht. Und trotzdem, Fellner ist und bleibt ein hoch interessanter Pianist, dessen Aufnahmen sich auf allerhöchstem Niveau bewegen und sich auch interpretatorisch wohltuend von der Masse abheben. Auf seiner neuesten CD stellt er sich mit schon etwas älteren Liveaufnahmen vor.
Liszts ‘Années de pèlerinage – Suisse’ wurde 2002 im Wiener Musikverein aufgenommen. Fellner war damals knapp 30 Jahre alt und begeistert in diesem Konzert durch einen kräftigen Anschlag und ein sehr deskriptives, stimmungsvolles Spiel. Seine oft impressionistisch angehauchte Interpretation lebt von der Unmittelbarkeit und der Dynamik. Da gibt es keinen Moment, in dem der Zuhörer abdriften kann; Fellner zwingt ihn quasi, seinem intensiven und fast hypnotischen Spiel zu folgen und ihn auf Liszts Schweiz-Reise zu begleiten.
Acht Jahre später wurde ein Konzert im amerikanischen Middlebury/Vermont mitgeschnitten, bei dem Fellner die Klaviersonate Nr. 32 von Beethoven spielte. Auch hier fasziniert der Österreicher durch eine packende, sehr virtuose Interpretation. Eine klare Linienführung ermöglicht, wie übrigens auch bei Liszt, eine optimale Durchhörbarkeit und Transparenz. Das ist große Kunst und demnach eine willkommene Veröffentlichung.