Am Anfang dieser Produktion von Verdis ‘Traviata’ aus dem Festspielhaus Baden-Baden sieht man die sterbende Violetta mit einer Spieldose. In der Dose sieht sie ihr Leben, erlebt die Szenen noch einmal, die Verdi für seine Oper benutzte. Und entsprechend vergrößert Rolando Villazon diese Spieldose dann für seine Inszenierung. Diese Traviata spielt von Anfang bis Ende in dieser Spieldose, mit mehr oder weniger Zirkusatmosphäre. Eines muss man dem Tenor-Regisseur lassen: er hat Fantasie und er weiß, seine Ideen umzusetzen. Zwar sollte man besser nicht versuchen, das Bühnengeschehen mit dem Text in Einklang bringen zu wollen, denn das gelingt nicht immer, und dass Villazon für den Vater Germont den Komtur aus dem Don Giovanni ausgeliehen hat, muss man auch nicht unbedingt gutheißen, aber im Großen und Ganzen ist die farbige und einfallsreiche Inszenierung durchaus beachtlich.
Viel Gutes ist von der Musik zu sagen. Olga Peretyatko ist, mit heutigen Maßstäben gemessen, eine gute Violetta, stimmlich wie darstellerisch. Da Villazon ihr durch seine Inszenierung eine krankheitsbedingte Alterung versagt, kann man der Sängerin nicht vorwerfen, diesen Aspekt vernachlässigt zu haben. Generell fehlt bei Villazon die gesellschaftliche Komponente der Oper, die Verdi so sehr am Herzen lag…
Mit einer wunderbar flexiblen und wohlklingenden Stimme ist Atalla Ayan ein großartiger Alfredo. Dagegen fällt Simone Piazzola vor allem gestalterisch etwas ab, weil er dem Vater Germont das erforderliche Profil nicht geben kann. Aber vielleicht leidet er auch nur unter seiner Komtur-Aufmachung. Die Nebenrollen sind korrekt besetzt und Pablo Heras-Casado sorgt für ein perfektes Miteinander von Bühne und Orchestergraben.