Im multikulturellen, facettenreichen Trieste, dem ehemaligen Meereszugang des österreichisch-ungarischen Reiches, das erst seit dem Ende des Ersten Weltkriegs zu Italien gehört, haben die International Classical Music Awards (ICMA) ihre diesjährige Generalversammlung abgehalten.
Neben Besuchen im Habsburger Schloss Miramare und der schönen Innenstadt war auch eine Vorstellung mit Mozarts Singspiel ‘Die Entführung aus dem Serail’ im Teatro Verdi angesagt.
Das Opernhaus wurde zwischen 1798 und 1801 nach einem Entwurf von Giannantonio Selva erbaut, der auch das Teatro La Fenice in Venedig entworfen hat, und von Matteo Pertsch fertiggestellt, der vor allem an den Fassaden arbeitete. Die Hauptfassade erinnert nicht von ungefähr stark an die Mailänder Scala, denn Pertsch war Schüler von Giuseppe Piermarini, dem Architekten des Mailänder Theaters.
Ursprünglich wurde das Theater unter dem Namen Teatro Nuovo eingeweiht; später wurde es in Teatro Grande umbenannt. Der heutige Name, benannt nach Giuseppe Verdi, wurde ihm am 27. Januar 1901 durch einen außerordentlichen Beschluss des Stadtrats verliehen, der dafür noch in der Nacht des Todes des großen Komponisten einberufen wurde.
Der Hauptsaal, der heute 1.200 Plätze fasst, ist ein historisches Juwel: Er ist einer der wenigen, die ihre ursprüngliche Struktur und Dekoration aus dem Jahr 1801 bewahrt haben.
Der zweite, kleinere Saal, mit einer Kapazität von bis zu 220 Plätzen, ist dem triestinischen Dirigenten Victor de Sabata gewidmet.
Der wunderschön instandgehaltene große Saal hat auch eine exzellente Akustik, die die Musik von Bühne und Orchestergraben ideal balanciert im Raum verteilt.
Leider war das, was bei dieser ‘Entführung’ so gut zu hören war, von eher mittelmäßiger Qualität, dies vor allem wegen Beatrice Venezi, einer dirigierenden Katastrophe.
Die Venezi verdankt ihre gegenwärtige Karriere ihrem Engagement in der rechtsradikalen Partei ihrer Freundin Meloni. Sie macht keinen Hehl aus ihren politisch extrem rechten und nationalistischen Ideen.
Doch vom Atmen beim Dirigieren, vom Unterstützen und Tragen der Stimmen, von Farben im Orchester, von Rubato und Dynamik hat sie keine Ahnung.
Darunter litten die meisten Sänger des Abends, vor allem Tenor Ruzil Gatin als Belmonte, dem vokale Linien durch die Dirigentin verwehrt wurden. Dass es seiner Stimme an Wärme und Geschmeidigkeit fehlt, verschlimmerte die Wirkung.
Anna Aglatova interpretierte die Konstanze mit sicherer Stimme, aber ohne wirklich je bewegend zu sein. Andrea Silvestrelli sang den Osmin mit angenehm schwarzem Bass, aber er war indisponiert und kämpfte wacker, bis gegen Schluss die Stimme fast komplett versagte.
Maria Sardaryan war eine bezaubernde und kecke Blonde, Marcello Nardis sang den Pedrillo mit seiner leichten, fein artikulierenden und charaktervollen Tenorstimme. Giulio Cancelli war ein sympathischer, dem Libretto entsprechend feinfühliger Bassa Selim.
Die Regie Ivan Stefanutti war sehr traditionell, enthielt aber viele gute Ideen. Das Bühnenbild war ebenso praktisch wie angenehm zu schauen. Ach, wäre nur die Venezi nicht da gewesen….