Edvard Grieg kann als Ausgangspunkt nordeuropäischer Nationalmusik angesehen werden. Bereits bei der ersten Violinsonate hatte Ferenc Liszt die Komposition intensiv gelobt und damit auch sein Verständnis für den speziellen Charakter der Werke des Norwegers zum Ausdruck gebracht. Nach zwei frühen Violinsonaten komponierte Grieg mit zwanzig Jahren Abstand die dritte. Diese ist sozusagen milder im Ton, wenn auch die Tonart c-Moll bei Grieg Dramatik bedeutet.
Das Lob, das Grieg von Liszt erhalten hatte, gab er wiederum an den jungen Komponisten Carl Nielsen weiter. Letzterer hatte zwar Fachwelt (inklusive Grieg) und Publikum mit seinen neuen Ausdrucksformen verstört, aber bei Grieg und auch anderen wurden doch auch die kompositorischen Qualitäten erkannt. Seine erste Violinsonate, die lauwarm aufgenommen worden war, kommt aus der Romantik, weist aber auch schon kecke und spröde Ecken auf, die den eigenen Weg und die Loslösung von Vorbildern andeuten.
Die fünf Ländlichen Tanzsätze von Sibelius, übrigens gleich alt wie Nielsen, schuf er mit 60 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Kunst. Es handelt sich um charaktervolle Kleinodien, die weitere Edelsteine in seinem an Violinwerken reichen Werkkatalog sind. Neben dem gleichen Geburtsjahr verbindet ihn mit Nielsen auch, dass sie beide als Geiger ihre Karriere begannen.
Mit diesem Querschnitt von nordischen Violinsonaten hat das Duo Ragnhild Hemsing und Tor Espen Aspaas erneut seine musikalische Partnerschaft verewigt. Vor allem in Norwegen sind die beiden hochangesehene Künstler, aber auch im europäischen Ausland treten sie auf. So erhielt Hemsing 2013 den Beethoven-Ring der Bürger für Beethoven in Bonn, wie unter anderen auch schon Julia Fischer oder Gustavo Dudamel.
Die Interpretationen der beiden Künstler passen gut zu der spröderen Musik von Nielsen. Bei den beiden anderen Werken betonen sie mehr die harschen Kanten als die lyrischen Momente. Natürlich kann man den norwegischen Tonfall und die dramatische Tonart bei Grieg durchaus so deuten. Die Tänze von Sibelius werden dadurch zur Kunstmusik stilisiert und das volkstümliche in den Hintergrund geschoben. Wer in den nordischen Stil hineinschnuppern möchte und sich nicht alle Kammermusik mit Violine dieser drei Komponisten zulegen möchte, hat hier die Gelegenheit, einen interessanten Einblick zu bekommen.