Der Dirigent Franck Ollu leitet nach 2019 bereits die zweite Einspielung des Jakob Lenz von Wolfgang Rihm. Alle anderen Positionen sind neu besetzt. Sie alle haben oder hatten Kontakt zum Nationaltheater Mannheim.
Aus einem realen Ereignis, dem Aufenthalt von Jakob Lenz im elsässischen Steintal Anfang 1778 hat der Arzt Georg Büchner seelische Zustände präpariert. Den Wahnsinn des Lenz deutet er als Defekt zwischen Innenwelt und gesellschaftlichem Umfeld. Eine produktive Vereinigung beider Welt wird nur in der Kunst möglich. Büchner äußert seine eigenen Gedanken durch Lenz. Bei Rihm werden zu der Lenz-Novelle weitere Texte von Lenz und Büchner hinzugefügt.
Das Ensemble aus Mannheim hat eine starke Gestaltung für die Schichten der Oper gefunden. In gut einer Stunde legen sie intensiv die tiefenpsychologischen Seiten offen. Franck Ollu offeriert die Musik als Abbild der Spannungen wie auch als real existierende Ebene. Aus der Vertrautheit mit der Partitur wächst eine ebenso strukturiert wie auch sich entfaltend dargestellte Qualität der Musik. Das Orchester des Nationaltheaters Mannheim, nur klein besetzt als Kammerorchester, folgt dem nicht nur geflissentlich, sondern mit Spannung und eigener Hinwendung, so dass die Stärken der Partitur nachdrücklich gehoben werden.
Joachim Goltz als Lenz lässt einen die seelischen und auch die körperlichen Qualen von Lenz miterleiden. Seinen Gesang setzt er klassisch ein, ergänzt ihn dann aber etwa mit stöhnenden Lautäußerungen, um eine dichte Darstellung zu erzielen. In dieser Gestaltung wird das Zusammenbrechen des Protagonisten verständlich und sublim geschildert.
In ihren deutlich begrenzteren Rollen können Patrick Zielke als Oberlin sowie Raphael Wittmer als Kaufmann trotzdem mit gestalterischer Kraft und Präzision überzeugend zeigen, dass sie helfen wollen und dann doch an der Aufgabe scheitern.
Die Stimmen, die Lenz hört, werden von sechs Sängerinnen und Sängern vertreten. Damit wird die Vielfalt der Einflüsterungen genauso deutlich wie ihre Unfassbarkeit. Ebenso wie der Kinderchor tragen diese Beteiligten ihren sicher und sehr ansprechend gestalteten Anteil zum Gesamtbild bei.
Conductor Franck Ollu is conducting the second recording of Jakob Lenz by Wolfgang Rihm since 2019. All other positions are new. They all have or had contact with the Nationaltheater Mannheim.
The doctor Georg Büchner prepared mental states from a real event, Jakob Lenz’s stay in the Alsatian Steintal at the beginning of 1778. He interprets Lenz’s madness as a defect between his inner world and his social environment. A productive unification of both worlds is only possible in art. Büchner expresses his own thoughts through Lenz. In Rihm’s work, further texts by Lenz and Büchner are added to the Lenz novella.
The ensemble from Mannheim has found a strong design for the opera’s layers. In just over an hour, they intensively reveal the deep psychological aspects. Franck Ollu offers the music as a reflection of the tensions as well as a real existing level. His familiarity with the score gives rise to a quality of music that is both structured and unfolding. The orchestra of the Nationaltheater Mannheim, a small chamber orchestra, follows this not only with care, but also with tension and its own dedication, so that the strengths of the score are emphatically emphasized.
Joachim Goltz as Lenz makes you feel Lenz’s mental and physical torments. He uses his singing classically, but then supplements it with moaning vocalizations, for example, in order to achieve a dense portrayal. In this way, the protagonist’s collapse is portrayed in an understandable and sublime manner.
In their much more limited roles, Patrick Zielke as Oberlin and Raphael Wittmer as Kaufmann are nevertheless able to convincingly show with creative power and precision that they want to help and then fail at the task.
The voices that Lenz hears are represented by six singers. This makes the diversity of the whispers just as clear as their incomprehensibility. Just like the children’s choir, these participants make a confident and very appealing contribution to the overall picture.