Eine seltsame Strauss-Aufnahme ist dies. Andris Nelsons dirigiert erstaunlich dezent und vorsichtig; die oft ungebremste Leidenschaft, die seine frühen Strauss-Interpretationen kennzeichnete, vernimmt man kaum. Sicher, weder die Vier Letzten Lieder noch für die Schlussszene aus Capriccio eignen sich für ausufernde Klangwallungen, aber die Expressivität der Lieder müsste Nelsons und dem schön aufspielenden Gewandhausorchester eigentlich liegen. Das Problem scheint eher die Solistin Rachel Willis-Sorensen sein, die weder das interpretatorische Feingefühl noch die Stimme für dieses Werk mitbringt. Ihr Sopran klingt in der Höhe extrem scharf und neigt zum Tremolieren. Die Textverständlichkeit ist gut, aber die Sängerin kann die Atmosphäre der Vier Letzten Lieder nicht wirklich finden. Einem Vergleich mit Sängerinnen wie Schwarzkopf (mit Ackermann resp. Szell), Janowitz (mit Karajan), Norman (mit Masur und Leipzig) oder Fleming (mit Eschenbach resp. Thielemann) hält Rachel Willis-Sorensen nicht stand. Die Schlussszene aus Capriccio ist ganz in Ordnung, allerdings ohne zu begeistern.
This is a strange Strauss recording. Andris Nelsons conducts with astonishing restraint and caution; one hardly hears the often unbridled passion that characterized his early Strauss interpretations. Certainly, neither the Vier Letzten Lieder nor the final scene from Capriccio lend themselves to exuberant surges of sound, but the expressivity of the songs should actually suit Nelsons and the beautifully performing Gewandhaus Orchestra. The problem seems to be more with soloist Rachel Willis-Sorensen, who has neither the interpretive sensitivity nor the voice for this work. Her soprano sounds extremely sharp in the treble and tends to tremble. Text intelligibility is good, but the singer can’t really find the atmosphere of the Vier Letzten Lieder. Rachel Willis-Sorensen does not stand up to comparison with singers such as Schwarzkopf (with Ackermann and Szell, respectively), Janowitz (with Karajan), Norman (with Masur and Leipzig) or Fleming (with Eschenbach and Thielemann, respectively). The final scene from Capriccio is quite alright, but without being outstanding.