Dieser Livemitschnitt der Saisoneröffnung vom Oktober 2017 am ‘Metropolitan Opera House’ zeigt eine solide neue Produktion, aber letztlich doch keine überwältigende. Nun mag es graduell auch an der Premiere liegen, dass noch nicht alle Abläufe und Finessen stimmten, aber es scheint sich auch um grundsätzliche Probleme zu handeln.
Nach einigen großen Regiearbeiten hat David McVicar bei der ‘Norma’ eine hauptsächlich traditionelle Produktion besorgt, die mit schäbig aussehendem Set (von Robert Jones) und unnötig stark gedämpfter Beleuchtung aufwartet. Sowohl Solisten als auch Chor bewegen sich wie eine Oratoriengesellschaft auf und ab. Gruppe von Muskelmännern mit Lederriemen ziehen ohne offensichtliche Motivation auf der Bühne herum. So entsteht der Eindruck, dass die legendären Druidenkrieger weniger kriegerisch als streng gezähnt waren. Dass Normas Heim in einem Mondwald liegt, hat McVicar mit den wie ein Iglu die Bühnen abdeckenden Bäumen sehr wörtlich genommen.
Die Sänger zeigen große und auch die Rollen ausformulierende Kunst mit kleinen Nickeligkeiten. Die Sopranistin Sondra Radvanovsky schafft mit ihrem dunklen Timbre und prominenten Vibrato für die Rolle der Norma eine gute Gestaltung. Mag auch der Stil diskussionswürdig sein, dieser gewaltigen Herausforderung ist sie gewachsen. Für das Eröffnungsgebet ‘Casta Diva’ erzielt sie ein breites, glattes Legato; später, für wütende, konfliktreiche Momente, spuckt sie ihre Wut in sengenden Brusttönen aus. Wermutstropfen war die immense Schlussszene, in denen sie sich in zu vielen willkürlichen Verschiebungen von Lautstärke und Tempo erging.
In der Schlüsselrolle von Adalgisa, der Tempeljungfrau, der Rivalin von Norma, ist Mezzo Joyce DiDonato auf komplexere Weise problematisch. Ihre schlanke, herbe Stimme ist für diesen Teil, ursprünglich einer Sopranistin vorbehalten, zu niedrig, und selbst mit erheblichen Umschreibungen der Gesangslinien endete sie viel zu oft mit sauren hohen Tönen. Paradox, aber sie ist auch zu gut für diese Rolle. Königliche Bühnenpräsenz und elektrisierender Gesangsstil sorgen sofort für Aufmerksamkeit. Dies ist genau die Wirkung von DiDonatos Gesang. So verlagert sich der Fokus der Oper auf Adalgisas Geschichte und machte dadurch Normas Tragödie zu einer Seifenoper. Diese Betonung wird durch die Regie verschärft, da sie Adalgisa in Szenen einführt, in denen das Libretto sie außerhalb der Bühne sieht. Immerhin gelangt sie zum Kern der Figur, vor allem in der Geständnisszene, einer der inspiriertesten in der Oper.
Die lange, komplexe Szene, in der Norma und Adalgisa ihre Krise durcharbeiten und eine schwesterliche Freundschaft entdecken, ist, wie es sein sollte, der Höhepunkt der Aufführung. Radvanovsky und DiDonato haben hier das Beste zueinander gebracht.
Der Tenor Joseph Calleja als Normas Geliebter Pollione blutet unter seinen Kollegen so, dass es Zeiten gibt, wo er in einer anderen Tonart zu singen scheint als alle anderen. Obwohl die Stimme von Calleja von Natur aus poliert und leidenschaftlich ist, neigt er dazu, mit einer leicht nasalen Qualität zu singen, die zu einem eingeklemmten Ton führen kann. Vielleicht auch mit Ermutigung des Regisseurs spielt Calleja Pollione anfänglich selbstsüchtig und fordernd und schien sich dabei unwohl zu fühlen.
Normas Vater Oroveso, eine großartige Rolle für einen Sänger mit dramatischer Gravitas, ist besetzt mit dem Ensemblemitglied Matthew Rose. Wie alle Hauptsänger hat auch Matthew Rose mit dem Dirigenten Rizzi daran gearbeitet, die dramatische Glaubwürdigkeit des Librettos zu betonen und keine überschwemmenden Momente zuzulassen, in denen die Oper in ein Belcanto-Klischee geraten kann.
Carlo Rizzi bietet eine energische Leistung. Immer solide wird die Ausdruckskraft und die emotionale Subtilität der Oper auf überzeugende Weise erschlossen. Als Norma, zur Rache bereit, ihre Krieger zur Revolte aufruft, treibt Rizzi den Chor zur Raserei, als ob er nach Blut schreit.