Sandor Veress war einerseits Student und Assistent von Bartók, andererseits ein wohl sehr inspirierender Lehrer, denn seine Schüler Heinz Holliger, György Kurtag und György Ligeti wurden renommierte Musiker. Daneben war er trotz seiner widrigen Lebensumstände mit vier Jahrzehnten Exil in der Schweiz, aus der er nicht mehr in seine Heimat Ungarn zurückkehrte, ein herausragender Komponist.
Er gehörte zu der Riege der ungarischen Komponisten, die durchs Land zogen, um mit einem Edison-Phonograph die Bauernmusik, wie sie Bartok nannte, aufzunehmen. Damit schufen sie ein einzigartiges Tonarchiv, das wohl zumeist die letzten Vertreter dieser mündlich überlieferten Volksmusik konservierte. Mit solchen Aufnahmen hat Veress 1975 für das schweizerische Radio eine Sendung über seine Feldforschung und die Ergebnisse mit Tondokumenten zusammengestellt. Diese ist auf eineinhalb dieser drei CDs Teil dieser ‘Künstler im Gespräch’-Ausgabe. Dazu kommt ein Interview mit seinem Sohn Claudio, in dem das Leben und Wirken mit sehr persönlicher Note beleuchtet wird. Im umfangreichen Beiheft werden die Details nochmals mit ergänzenden Informationen angereichert.
Der Beginn dieser Ausgabe gehört der Musik von Veress, der die ungarische Bauernmusik mit der Zwölftontechnik elegant verbunden hat. Aus seinen beiden Streichquartetten spricht noch mehr die Volksmusik, doch auch hier sind schon Reihenformen erkennbar, allerdings mehr an Bartok orientiert. Das später in der Schweiz entstandene Streichtrio dagegen führt eindeutig in die Zwölftontechnik und hat nur wenig musikalischen Anteil an seiner Heimat.
Die Kammermusik hat das ‘DoelenKwartet’ aus Rotterdam eingespielt. Diese auf zeitgenössische Musik spezialisierten Musiker bereiten ihre Programme nach Möglichkeit im Kontakt mit den Komponisten vor. Das war zwar bei Veress zwar nicht mehr möglich, aber die Vertrautheit und Versiertheit mit der zeitgenössischen Musiksprache klingt aus jedem Ton. Somit sind sie berufene Sachwalter auch für diese Streicherwerke.
Das Interview mit dem Sohn Claudio Veress führte, wie immer in dieser Serie, Mirjam Wiesemann. Claudio, der auch passionierter Geiger und Bratscher ist, kann neben den persönlichen Episoden aus dem Leben seines Vaters auch zu seiner Musik dezidiert Auskunft geben, wozu die Interviewerin mit sensiblen und zugleich nachforschenden Fragen beiträgt.
Diese Ausgabe der Künstler im Gespräch ist wegen der Präsentation der Radiosendung ein außerordentliches Dokument, das jeder Musikinteressierte kennen sollte.
Hungarian composer Sandor Veress is the link between Bartok on one side and Kurtag and Ligeti on the other side. His music is characterized by the fusion of Hungarian rural music as well as dodecaphonic elements. Besides his string chamber music, quartets and trio, two spoken documents are part of this production. One is a broadcast Veress made to explain his studies for rural music in Hungarian villages. The second one is an interview with his son about the composer’s life and work. The music performances by the Dutch DoelenKwartet are first-rate.