Wenn ich mir eine gefilmte Aufführung von Beethovens Missa Solemnis anschaue, dann will ich, dass das Bild der Musik entspricht. Aber was sehe ich hier: ein Orchester in Alltagskleidung, einen Dirigenten im hellblauen Hemd, Solisten und Chorsänger ebenfalls in normaler Kleidung, wegen wohl niedriger Temperaturen in der Kirche teils auch in einen Schal eingehüllt, insgesamt ein chaotisches, unordentliches Bild, das mich ganz einfach stört. Es ist ungepflegt und unästhetisch. Solemnis? Keineswegs! Also: Bild wegschalten und nur Ton hören. Aber der ist auch nicht gut. Hallig, unkonturiert, verwaschen, unpräzis. Er ist unangenehm. Ich muss mir das nicht antun. Stopptaste. Was bleibt: ein einstündiger, ebenfalls auf der DVD enthaltener Dokumentarfilm über den Weg, den Frieder Bernius in seiner minutiösen Erarbeitung der Missa Solemnis ging. Es ist ein sehr detailliert geschilderter, hoch interessanter Weg, der uns einen seriösen Musiker beim Nachdenken über Beethovens Werk vorstellt.
Ludwig van Beethoven: Missa Solemnis op. 123 (Aufführung und Dokumentation von Uli Aumüller); Johanna Winkel, Sophie Harmsen, Sebastian Kohlhepp, Arttu Kataja, Kammerchor Stuttgart, Hofkapelle Stuttgart, Frieder Bernius; 1 DVD Naxos 2.110669; Bild 16:9, Stereo; Aufnahmen 2018, Veröffentlichung 11/09/2020 (131') - Rezension von Remy Franck