Es gibt immer wieder etwas zu entdecken – auch abseits großer Namen oder Jahrestage, die selbst weniger bekannte Komponisten zumindest für einen Augenblick in den Fokus einer interessierten Öffentlichkeit rücken. Hierzu gehört sicherlich auch die deutsche Komponistin Johanna Senfter, deren 140. Geburtstag sich 2019 zum 140. Mal jährt. Schon länger beschäftigt sich der Geiger Friedemann Eichhorn mit der Komponistin, war an der Editierung ihrer Werke für Violine beim Mainzer Schott-Verlag beteiligt und legt jetzt beim Label Paladino Werke für Sologeige mit Klavier sowie zwei Violinen als Weltersteinspielung vor.
Noten mit der Musik Senfters sind am Markt, Tonträger mit ihrer Musik hingegen äußerst rar. So findet sich ihr Name in einem musikalischen Kompendium mit Werken für Geige und Klavier aus der Feder weiblicher Komponisten (im Kreise von Clara Schumann oder Lili Boulanger) sowie in Form einer Einspielung mit Klavierwerken und einer mit Sonaten für Violoncello sowie Klarinette und Klavier. Mit der vorliegenden Doppel-CD kann man Opus 32 (Sonate für Violine und Klavier in g-moll) und Opus 26 (Sonate für Violine und Klavier in A-Dur) sowie die beiden Suiten für zwei Violinen aus Opus 91 nun auch abseits experimentierfreudiger Kammerkonzerte erleben. Friedemann Eichhorn musiziert mit Paul Rivinius (Klavier) und seiner Frau Alexia Eichhorn (Violine).
Natürlich darf man erwarten, dass der Interpret zumal auf einer CD die Musik bis in ihren letzten Winkel ergründet hat, um sie seinen Zuhörern entsprechend darzubieten. In diesem Fall jedoch ist das Interesse und die Wertschätzung, die Friedemann Eichhorn, seit 2002 Professor an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar, und seine Mitspieler dem Werk Johanna Senfters entgegenbringen, besonders hörbar.
In den Werken für Violine und Klavier schmiegt sich der Geigenton in fast schon intimem Gestus an den Klang des Pianos. Kundig schreiten die Künstler kantabel durch die zuweilen kontrapunktische Partitur. Sowohl in der g-moll- als auch in der A-Dur-Sonate scheint der von Senfter verehrte Johannes Brahms durch. Präsent strahlt die Violine über den dichten Klaviersätzen – Musik, die gefunden werden will und dem Hörer immer wieder neue klangliche Aspekte schenkt.
Ganz anders als in den dichten Sonaten präsentiert sich die Musik Senfters in Opus 91: Die ‘Zehn Alte Tänze für zwei Violinen’ lassen deutlich den von der Komponistin zutiefst geschätzten Lehrer und Freund Max Reger erkennen und pflegen in der Tradition der altfranzösischen Violinduos dessen Faible des Komponieren im alten Stil. Beide Instrumente umspielen einander munter und klangintensiv sowohl in perlenden Läufen, sprunghaften Kadenzen als auch im kraftvollen, harmonischen Akkord – ein interessantes und kurzweiliges Zwiegespräch, dem man aufmerksam zuhören möchte. Vor allem bei den Werken für zwei Violinen überzeugt auch der angenehme Raumklang des Leipziger MDR-Studios, in dem die CDs bereits im Jahr 2007 aufgenommen wurden. Insofern wäre einzig zu kritisieren, dass die Einspielung so lange auf ihre Veröffentlichung warten musste.