Julius Eastman war einer der unkonventionellsten und extremsten Komponisten seiner Zeit. Der 1940 geborene Afro-Amerikaner, schwul, exzentrisch, starb 1990 als Obdachloser, völlig in Drogen untergegangen.
Ein nicht unähnliches Schicksal erlitt Tomasz Sikorski, ein 1939 in Warschau geborener polnischer Komponist, der in Paris bei Nadia Boulanger studierte und von 1975 bis 1976 am ‘Columbia-Princeton Electronic Music Center’ in New York arbeitete. Nach seiner Rückkehr nach Warschau verschlimmerte sich ein bereits zuvor aufgetretener depressiver Zustand. Sikorski fühlte sich allein und unverstanden, verfiel dem Alkohol und starb 1988 in geistiger Unzurechnungsfähigkeit. Musikalisch verbindet der Minimalismus beide Komponisten. Sie beide auf dieser CD nebeneinander zu stellen, ist daher ebenso logisch wie interessant.
Das Programm startet mit einer absolut mitreißenden Darbietung von ‘Evil Nigger’ mit seinen repetitiven nervösen Trillern, die eine Reihe von evokativen Variationen durchlaufen, und sich wie Ausflüge in Zustände von Rausch und Ekstase anhören.
Der Kontrast zu Sikorskis ‘Listening Music’ könnte nicht größer sein. Das Werk ist eine musikalische Einöde, ein Tondokument größter Trostlosigkeit, das die Interpreten mit zwingender Spannung zu einem herzzerreißenden Stück machen. Und auch wenn ‘Diaphony’ etwas lebendiger beginnt, ist der zweite Teil wiederum der Ausdruck von Einsamkeit und Depression.
Eastmans ‘Gay Guerrilla’ wurde als musikalisches Manifest bezeichnet. Eastman sagte zum Titel des Werks: « Without blood there is no cause. I use ‘Gay Guerrilla’ in hopes that I might be one, if called up to be one. » Doch musikalisch ist die Komposition alles andere als sein Kampfstück. Es verwendet das Luther-Lied ‘Eine feste Burg ist unser Gott’, startet eher meditativ, wird dann motorischer, durchläuft verschiedene Stadien von Transformation und endet nach einer hämmernden Klangspirale in ätherischer Auflösung.
Eine tolle CD, voller Potenzial für musikalisches Erleben, großartig gespielt und hervorragend aufgenommen.
Poignant minimalistic piano music by two highly individual outsiders, Julius Eastman and Tomasz Sikorski, brilliantly played.