Schuberts ‘Winterreise’ hat Hermann Prey (1929-1998) seine ganze Karriere hindurch begleitet. Eine von vielen Aufführungen des Zyklus wurde 1987 bei den Schwetzinger Festspielen mitgeschnitten. Prey war damals 58 Jahre alt. Sein Gesang hat die Qualitäten, die wir aus seinen anderen Aufnahmen kennen: ein nach unten hin etwas kerniges, in der Höhe hell-lyrisches Timbre, ein eleganter Vortrag, der seine Jugendlichkeit etwas eingebüßt hat, aber so verletzt klingt wie immer.
Der Schmerz, der hier mit einer Portion Zynismus geäußert wird, sitzt tief. Und er wird mit viel Spontaneität und noch mehr unmittelbarer Ausdruckskraft zutage gefördert, so als sei die Verletzung sehr frisch. Helmut Deutsch unterstreicht diese ungeschminkten, fast rohen Reaktionen mit ebenso viel Ausdruckskraft am Klavier.
Das ist ein sehr kreativer und phantasievoller Zugang zur Winterreise, und Prey zwingt so den Hörer in ein existentielles Drama, das so manche neue Überlegung initiiert. Eine großartige Interpretation!