Claudio Monteverdi hat nie eine Markus-Vesper komponiert. Rinaldo Alessandrini deutet mit dem Titel nur eine mögliche Feier, eine mögliche Festmusik an, wie sie Monteverdi durchaus für das prachtvolle venezianische Gotteshaus konzipiert haben könnte. Ein legitimes Prozedere, da man für diese Epoche der Musikgeschichte zum Teil auf Spekulationen und Mutmaßungen angewiesen ist. Rinaldo Alessandrini hat hier jedoch nicht willkürlich einen Cocktail Monteverdischer Musik zusammengemixt, er bewegt sich sehr wohl auf gesichertem Fundament und tut das überdies festen Schrittes.
Seine ‘Vespri solenni’ sind pure Erlebnismusik bis in die feinsten Rizzen theatraler Gestik. Monteverdis sakrale Musik kann sich eines weltlichen, profan-emotionalen Empfindens nicht entziehen. Alessandrini und sein ‘Concerto italiano’ wissen sehr wohl um den spirituellen Gehalt der Musik, aber ebenso, wie sie den Zuhörer sich besinnen lassen, nehmen sie ihn auch mit in ein dramatisches Erleben. Wenn im 3. Teil vom erhobenen Haupt gesungen wird – exaltabit caput – dann ist eben nicht nur der starke Gott gemeint, sondern auch das selbstbewusste Venedig, die große italienische Handelsmacht, die im 17. Jahrhundert ein politisches Schwergewicht ist. Monteverdi wusste, bei wem er in Diensten stand. Rinaldo Alessandrini bringt beide Facetten ohne Brüche zum Klingen, schafft eine Symbiose zwischen geistlicher und weltlicher Dimension, indem er sein Ensemble zu instrumentaler und besonders stimmlicher Virtuosität anhält und sehr schön die räumliche Disposition der Musik nutzt, die dem stolzen venezianischen Löwen – wie auf dem Cover zu sehen – Flügel verleiht.
Rinaldo Alessandrini’s recording creates, in the magnificent Basilica of Mantua, an imagined Vespers service for San Marco assembled from various parts of the ‘Selva morale e spirituale’. He manages to combine the liturgical and the secular aspects in a dramatic and virtuosic way, thus conferring wings to the Venetian lion.