Die 1971 an der Wiener Staatsoper erfolgte Uraufführung der Oper ‘Der Besuch der Alten Dame’ war bei Presse und Publikum erfolgreich, was wir heute dank dieser Veröffentlichung nachvollziehen können.
Klara Wäscher stammt aus dem heute armen Städtchen Güllen, das sie nun wieder besucht, als ‘Alte Dame’ Claire Zachanassian. Als junges Mädchen wurde sie von Ill geschwängert, der sich mit Hilfe bezahlter Zeugen frei kaufte. Sie verließ die Stadt, wurde zunächst Hure und später reich. Ihr eilt der Ruf voraus, spendabel zu sein und so stellt sich die Stadt darauf ein, von dem Geldsegen etwas abzubekommen. Sie geht darauf unter der Bedingung ein, dass die Milliarde nur kommt, wenn Ill ermordet wird. Zunächst sträuben sich die Bürger, aber dann beginnen alle, im Vorgriff auf die Schenkung zu konsumieren. Schließlich entwickelt sich eine Dynamik, die Ill zur Erkenntnis bringt, dass er verloren ist. Schließlich wird auf einer Gemeindeversammlung die Stiftung der ‘Alten Dame’ angenommen und Ill ist am Ende tot.
Von Einem musste Dürrenmatt erst davon überzeugen, die Oper schreiben zu dürfen. Dazu setzte die Wiener Staatsoper extra ‘Don Giovanni’ ab und von Einems ‘Dantons Tod’ auf den Spielplan, um dem Schriftsteller ein Beispiel geben zu können. Danach entwickelte sich die Zusammenarbeit, zu der Dürrenmatt auch das Libretto beisteuerte.
Dass das Orchester der Wiener Staatsoper zu den besten seiner Art zählt, ist kein Geheimnis. Horst Stein war kein Dirigent, der um die Welt jettete, aber ein engagierter und vielseitiger Konzert- und Operndirigent, der mit Hingabe agierte. Auch diese Uraufführung, der noch 38 Aufführungen folgten, hat er akribisch vorbereitet und mit Übersicht und Einsatz überzeugend geleitet, so dass das Publikum und die Presse begeistert waren.
Auch die Sängerriege, insgesamt 27 Solisten und Chor, ist überwältigend. Allen voran Christa Ludwig, der die Partie der Claire auf den Leib bzw. die Stimme geschrieben war. Sie vereint weiblichen Charme, der verführerisch, selbstsicher und eben auch (gemein)gefährlich ist. Eberhard Waechter ist als jugendlicher Verführer in eigener Sache und als heutiger im Auftrag des Bürgermeisters der, der den Einfältigen beispielhaft darstellt. Hans Hotter als Antreiber der Schäbigen verkörpert die schwachen Wankelmütigen, die sich zu Lasten der Ehrhaftigkeit der Droge verfallen. Auch Hans Beirer kann wie ein Chamäleon den Politiker mimen, der seine Untertanen in die gewünschte Richtung verführt.
Natürlich fehlt bei einer Audio-Aufnahme die visuelle Komponente, aber auch dank der technischen Aufbereitung lassen sich die Spannung und die große Klasse dieser Uraufführung zwanglos nachvollziehen.