Das Bachhaus Eisenach hat ein Pastellbild erworben, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um ein verschollenes Porträt Johann Sebastian Bachs aus dem Besitz seines Sohns Carl Philipp Emanuel handelt. Das Bild ist laut ersten Untersuchungen ein Original aus der ersten Hälfte des 18. Jh. Dem entspreche der physische Zustand, die Malweise, Kleidung und Darstellung des Porträtierten. Die Physiognomik mit den tiefliegenden Augen und dem prominenten Unterbiss ähnelt derjenigen des bislang einzig als unanfechtbar echt geltenden Bach- Gemäldes von Elias Gottlob Haußmann aus dem Jahr 1746. Abweichungen ergeben sich im Alter und der Kleidung des Dargestellten. Letzteres ist von Bedeutung, weil sich einige Details – die Perücke, das Spitzenjabot – auch auf einem Kupferstich wiederfinden, den Samuel Gottlob Kütner 1774 wohl im Auftrag von Carl Philipp Emanuel ausführte, und den der Bach-Sohn als « ziemlich ähnlichen Kupferstich von meines lieben seeligen Vaters Portrait“ bezeichnete. Genau diese Darstellung übernahm Forkel dann für das Frontispiz zu seiner Bach-Biographie von 1802.
Das Bild tauchte erstmals wieder 1927/28 in der berühmten. Sammlung Manfred Gorke auf. 1936 wurde es vom englischen Bachforscher Charles Sanford Terry als das Bach-Pastell identifiziert, das Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel besessen hat. Zu dem gleichen Ergebnis gelangte der Kölner Musikwissenschaftler Georg Kinsky. Bei der Auflösung der Sammlung Gorke Ende der 30er Jahre ging das Gemälde an einen Berliner Privatmann und war seither praktisch verschwunden.
Dass es ein Bach-Pastell gab, ist aus Briefen bekannt, die der in Hamburg lebende Carl Philipp Emanuel Bach an den Bach-Biographen Johann Nikolaus Forkel schrieb. Gorke selbst datierte das Gemälde auf ca. 1730. Es würde damit Bach in einem Alter von etwa 45 Jahren zeigen. Mit bloßem Auge lassen sich Unterschiede zwischen der etwas verlaufenen Originalkreide und derjenigen einer 1936 vorgenommenen Restaurierung erkennen – das Gemälde wirkt deshalb frischer, als es sonst zu erwarten wäre. „Heute würde man diese Restaurierung nicht mehr verantworten, damals war sie normal“, meint Bachhaus-Archivarin Gisela Vogt, die seit vielen Jahren nach dem Bild suchte.