Nach der Uraufführung der Oper ‘Il viaggio a Reims’ am 19. Juni 1825 glaubte Rossini selbst nicht daran, dass sein « kleines Gelegenheitswerk“, wie er es nannte, Zukunftsperspektiven haben könnte. Er bezeichnete es als ‘Cantata’, was für ihn ein nicht repertoirefähiges Werk bedeutete. Also ist es auch nicht verwunderlich, dass er weite Teile daraus drei Jahre später in seinem ‘Le Comte d’Ory’ wieder aufleben ließ, eine Oper die einen dauerhaften Erfolg kannte.
Rossini komponierte seine letzte italienischsprachige Oper zur Krönung des französischen Königs Karl X., nicht ohne viel Sarkasmus und Witz zu integrieren. Musikalisch gesehen sind etliche Arien und große Ensembleszenen, u.a. der 14-stimmige Schluss des 2. Aktes hörenswert.
Naxos schreibt in seinem Booklet über diese Aufnahme des 26. Rossini Festivals in Wildbad: « ‘Il viaggio a Reims’ – diese Oper ist ein Fest“. Nach dem Abhören dieser Aufnahme kann man nur zustimmen. Die Atmosphäre der Interpretation ist sofort in den ersten Takten gegeben: Brillant, energisch und packend.
Die Solisten haben keine bekannten Namen, sie funktionieren jedoch als Team perfekt. Homogenität, Raffinement und hohe musikalische Kompetenz sind die Devisen der Sänger. Hervorzuheben sind Sophia Mchedlishvili, von der Akademie der Scala, als frivole Comtessa de Folleville, die mit einer runden, vollen und kohärenten Stimme eine perfekte Wahl ist. Der Tenor Bogdan Mihai triumphiert in der Rolle eines elegant singenden Belfiore mir einer sanften Stimme und flexibler Vokallinie. Auch der andere junge Tenor, Maxim Mironov, überzeugt als Conte di Liebenskopf.
Nachdem Naxos schon Rossinis ‘Guillaume Tell’ integral herausgab, kann man hiermit die erste komplette Aufnahme von ‘Il Viaggio a Reims’ ebenfalls nur loben. Claudio Abbado hatte seinerzeit mit einer teils gekürzten und modifizierten Version Aufsehen erregt. Jedoch braucht dieser Live-Mitschnitt aus Wildbad mit relativ unbekannten Namen sich Abbados Einspielung gegenüber überhaupt nicht zu schämen. Ganz im Gegenteil: Der Dirigent Antonino Fogliani hatte hier eine glückliche Hand, und das ganze Team von Solisten, Chor und Orchester garantiert in voller Symbiose einen echt guten Opernabend.