Die Verbindungen zwischen dem Amar-Quartett und Paul Hindemith sind vielfältig. Da ist zunächst der historische Brückenschlag. In den Zwanzigerjahren war Hindemith Mitbegründer des Amar-Quartetts, in dem er die Bratsche spielte. 1995, anlässlich des 100. Geburtstages des Komponisten, vergab das Hindemith-Institut den Namen an vier junge Musiker, die sich seitdem speziell der Kammermusik des Komponisten widmen. Soweit der historisch-musikwissenschaftliche Kontext. Dass die vier ehemaligen Studenten des Alban-Berg-Quartetts vollkommen zu Recht den bedeutenden Ensemblenamen tragen, davon zeugt diese Gesamtaufnahme von Hindemiths Streichquartetten, die nach den Einzelveröffentlichungen nun auch alle in einem Set von 3 CDs erhältlich sind.
Mit seinen sieben Streichquartetten hat Paul Hindemith sich als einer der wenigen Komponisten des 20. Jahrhunderts konsequent und zielstrebig mit einer sehr klassischen Form auseinandergesetzt. Der überlieferten Tradition ist er dabei ebenso treu geblieben wie seiner eigenen musikalischen Ästhetik. Hindemiths Kompositionen haben immer eine sehr musikantische Note, neue Klänge, die den Zuhörer sofort vereinnahmen, ihn in Vertrauen wiegen. Diesen Aspekt einer letztlich komplexen Sprache möglichst unakademisch zu vermitteln, ist die große Kunst der Interpretation.
Das Amar Quartett meistert diesen Spagat nahezu mühelos, mit bewundernswerter gestalterischer Kraft. Hindemiths oft herbe Lyrik wirkt hier nie spröde, nie abweisend – sie bleibt zart und intim. Es ist schon beeindruckend, wie die vier Musiker in klarer und transparenter Klangsprache Ausdruckskraft erlangen. Hindemiths eigentlich sachliche, nüchterne und konzentrierte Musiksprache erfährt hier viel Wärme, wird durch schönes Kolorit, dynamisches und, vor allem in den langsamen Sätzen, packendes Musizieren belebt.
Mithin ist diese Produktion eine spannungsreiche und begeisternde Hindemith-Hommage und ein beherztes Plädoyer für diese zu wenig beachtete Musik.