‘Baïka’ bedeutet auf Serbisch ‘Geschichte’, und solche Geschichten erzählt Nemanja Radulovic auf diesem Album. Er gibt sich dabei eher orientalisch.
Wer das Violinkonzert von Aram Khachaturian mit Oistrach und unter der Leitung des Komponisten im Ohr hat, wird ermessen, was in der Radulovic-Goetzel Fassung im ersten und im letzten Satz nicht vorhanden ist – armenische Farben, vor allem, und eine recht differenzierte Rhythmik – und was auf der anderen Seite hinzugewonnen wird an Sensualität und an ganz anderen Farben, an Innenspannung und Antrieb. Da liegen Welten dazwischen, aber was der franko-serbische Geiger Nemanja Radulovic hier leistet, ist dennoch phänomenal. Sein Spiel zeugt von einer großartigen Fantasie und einer atemberaubenden Spontaneität.
Das Andante Sostenuto beginnt zwar auch in der Moskauer Oistrach-Aufnahme sehr bedrohlich, aber die Radulovic-Aufnahme ist noch spannender, elektrisierender, auch im Orchesterklang. Hier sind wir sehr nahe an der Filmmusik für einen Thriller. Doch Radulovic entdeckt noch viele andere Stimmungen, zärtliche, romantische, leidenschaftliche, und so wird dieser Satz so schillernd, wie man ihn wohl selten gehört hat. Auch das Borusan-Orchester leistet hier Großartiges.
Alexander Sedlars Transkription und Kurzfassung von Rimsky-Korsakovs ‘Scheherazade’ macht eigentlich nur Sinn für den, dem das Original zu lang ist. Nemanja Radulovic profitiert von der Transkription, um den Geigenpart virtuos und sinnlich herauszuputzen.
Zurück zur Sache: Khachaturians Klarinettentrio wird im ersten Satz von Ottensamer, Radulovic und Favre-Kahn fast improvisatorisch angegangen, während das Allegro sehr flexibel und melodisch gehandhabt wird. Ottensamer kommt ganz klar die Hauptrolle zu, und daran ändert sich auch nichts im Finalsatz, einem Moderato mit einer Reihe von Variationen über ein usbekisches Volkslied.
Nemanja Radulovic kommt dann noch einmal in dem kurzen Sadler-Stück für Schlagzeug, Geige und Ensemble voll zum Zuge. Und wenn diese Komposition nach knapp 3 Minuten zu Ende ist, hätte man gerne noch mehr gehört. Aber wie heißt es doch: in der Kürze liegt die Würze.