Es scheint, als bräuchten die Komponisten von heute immer wieder musikalische Rückblenden, um sich selbst zu reflektieren, möglicherweise auch neu zu verankern und verorten. Heinz Holliger ist einer dieser Komponisten. Er verabschiedet sich wiederholt in die Romantik. Nach seinem Schumann-Zyklus ist nun Franz Schubert an der Reihe.
Bei Heinz Holliger kann man sicher sein, Ungewohntes zu hören und zu erfahren. Dies trifft auch auf die sogenannte Große C-Dur-Symphonie zu. Ohne Umschweife geht es mit dem Dirigenten und dem Kammerorchester Basel medias in res. Bei Holliger gibt es keine epische Introduktion. Der Dirigent schlägt von Anfang an ein frisches, ein erfrischendes Tempo an und kündigt sofort an, wo die Reise hinführt: keine opulente Romantik, kein Pathos.
Heinz Holliger sucht einen kammermusikalischen Zugang, will möglichst viele Details ausarbeiten. Schuberts Musik sei weniger homogen, als man denkt, erklärt der Dirigent im Booklet. Und genau darauf zielt er hin: mehr Heterogenität, kleine Episoden und dynamische Kontraste, die mit knappen, scharfen Bogenstrichen aus der Partitur ziseliert werden.
Holliger schärft unser Ohr für Schuberts Zwischentöne, für eine Musik, die ständig im Fluss ist, selbst im Finale, wenn der letzte C-Dur-Akkord längst verklungen ist. Der Schweizer Dirigent verzichtet auf das sonst übliche, triumphale Finale. Er hält es lieber mit Brecht: Die Symphonie ist zu Ende, viele Fragen bleiben offen.