Der 41-jährige Kevin John Edusei ist seit Beginn der Saison 2014/2015 Chefdirigent bei den Münchner Symphonikern und seit der Spielzeit 2015/16 in derselben Position am Konzert Theater Bern. Er dirigiert auf dieser ersten CD der Symphoniker bei Solo Musica ein reines Schubert-Programm, dessen generelle Charakteristiken wohl die Transparenz und die Leichtigkeit des Orchesterklangs sind.
Andere Dirigenten haben der ‘Tragischen’ mehr Drama und Bedeutungsschwere gegeben als Edusei. Für ihn sind die harmonischen Entwicklungen und die Nuancierung wichtiger, mit denen er sehr wohl die ständigen Stimmungswechsel aufzeigt. Vor allem überzeugt seine Deutung durch das schon angesprochene luftig-durchsichtige Frau-Holle-Dirigieren, das die Münchner Symphoniker dazu bringt, die melodischen Bögen mit Wärme und Leben zu erfüllen.
Die ‘Unvollendete’ ist auf dieser CD mal wieder die ‘Vollendete’, natürlich nicht durch Franz Schubert, sondern durch den schweizerischen Dirigenten Mario Venzago.
« Für meinen vierten Satz der Unvollendeten habe ich keine einzige Note verwendet, die nicht von Schubert ist“, sagt Mario Venzago. Er hat die vom Komponisten als Torso belassene zweisätzige Symphonie mit Skizzen Schuberts zur viersätzigen Komposition ausgebaut.
Er hat das ziemlich erfolgreich gemacht, muss ich zugeben, und das obwohl ich grundsätzlich kein Freund solcher Bearbeitungen bin, von denen es für diese Symphonie schon mehrere gegeben hat. Ich glaube aber, dass es Venzago gelungen ist, mit einem hellen und eigentlich sehr positiven Scherzo die Stimmung der beiden ersten Sätze aufzulockern. Im Finale benutzt er Musik aus Schuberts ‘Rosamunde’ und schlägt auch, viel dramatischer und zupackender, den Bogen zur Tragik der beiden Anfangssätze. Kevin John Edusei hält das alles schön zusammen, und die Münchner Symphoniker spielen, wie schon in der ‘Tragischen’ auf hohem Niveau.